Zuckerrohranbau in Guairá: Eine süße Ernte mit bitterem Beigeschmack

Villarrica: Das Departement Guairá im Herzen Paraguays ist eine der Schlüsselregionen für den Zuckerrohranbau des Landes. Grüne, sich wiegende Felder prägen die Landschaft und zeugen von einer Landwirtschaft, die für viele Familien die Lebensgrundlage bildet.

Doch hinter der scheinbar idyllischen Fassade verbirgt sich eine komplexe Realität, die von wirtschaftlichen Unsicherheiten, klimatischen Herausforderungen und der Abhängigkeit von großen Verarbeitungsbetrieben geprägt ist.

Die Zuckerrohrernte: Ein Rennen gegen die Zeit und die Natur

Die Zuckerrohrernte in Guairá ist ein intensiver Prozess. Moderne Landwirte, wie der von uns interviewte Großbauer mit seinen vier Erntemaschinen und mehreren Hundert Hektar Anbaufläche, setzen auf Mechanisierung, um die Effizienz zu steigern. Das Zuckerrohr wird geerntet und zügig zu den Verarbeitungsfabriken transportiert, wo es zu Zucker und anderen Produkten, wie Alkohol, verarbeitet wird.

In diesem Jahr steht die Ernte jedoch unter einem schlechten Stern. Der aktuelle Preis von 200.000 Guaranies pro Tonne mag auf den ersten Blick attraktiv erscheinen, doch die Auswirkungen einer anhaltenden Trockenheit haben den Ertrag um bis zu 40 % reduziert. Für die Bauern bedeutet dies, dass sie trotz eines guten Preises deutlich weniger Zuckerrohr verkaufen können, was ihre Gesamteinnahmen erheblich schmälert. Die Natur spielt hier eine entscheidende Rolle und erinnert die Landwirte an die Fragilität ihrer Existenz.

Die Last der späten Zahlungen: Ein Teufelskreis für die Bauern

Die größte Herausforderung für die Zuckerrohrbauern in Guairá, insbesondere jene, die an die dominierende Fabrik in Tebicuary liefern, sind die verspäteten Zahlungen. Obwohl das Zuckerrohr geerntet und geliefert wird, zahlt die Fabrik zunächst nur rund die Hälfte des vereinbarten Preises sofort aus. Der Restbetrag soll erst zum Jahresende beglichen werden.

Diese Praxis stellt die Landwirte vor enorme Liquiditätsprobleme. Der Zuckerrohranbau ist kapitalintensiv: Die Vorbereitung der Felder, der Kauf von Düngemitteln und die Instandhaltung der Maschinen erfordern erhebliche Investitionen. Wenn die Bauern nicht zeitnah den vollen Betrag für ihre Ernte erhalten, fehlt ihnen das nötige Kapital, um ihre Felder für die nächste Saison wieder zu bestellen. Dies kann zu einem gefährlichen Teufelskreis führen, bei dem Produktionsausfälle und Schulden die Folge sind.

Die Situation wird zusätzlich durch die Millionen von US-Dollar Schulden der Fabrik in Tebicuary verschärft. Die Befürchtung eines möglichen Bankrotts der Fabrik lastet wie ein Damoklesschwert über den Bauern. Sollte die Fabrik tatsächlich zahlungsunfähig werden, würden die Landwirte nicht nur auf ausstehenden Zahlungen sitzen bleiben, sondern auch ihren Hauptabnehmer verlieren, was eine existenzielle Bedrohung für viele von ihnen darstellt.

Alternativen und die Zukunft des Zuckerrohranbaus

Obwohl die Fabrik in Tebicuary die größte in der Region ist, gibt es auch andere, kleinere Verarbeitungsbetriebe, beispielsweise in Ñumi und Campo 9. Diese Fabriken verarbeiten zwar geringere Mengen, bieten aber zumindest eine gewisse Diversifizierung für die Bauern. Die Abhängigkeit von einem einzigen Großabnehmer ist jedoch ein inhärentes Risiko, das in der aktuellen Situation deutlich zutage tritt.

Der interviewte Landwirt ist trotz der widrigen Umstände weiterhin aktiv. Er investiert in die Zukunft, indem er neues Zuckerrohr auf gepachteten Flächen anpflanzt oder bereits bestehende Felder neu bestellt. Zuckerrohr kann in der Regel fünf bis acht Jahre auf demselben Feld angebaut werden, bevor der Ertrag nachlässt und eine Neupflanzung notwendig wird. Dies hängt stark von der Bodenqualität ab.

Der Prozess der Neupflanzung ist arbeitsintensiv: Furchen werden gezogen, abgeschnittene Zuckerrohrstücke zusammen mit Dünger eingelegt und anschließend wieder mit Erde bedeckt. Diese kontinuierliche Arbeit und Investition sind ein Zeichen des Durchhaltevermögens der paraguayischen Bauern, die trotz der wirtschaftlichen Schwierigkeiten an ihrem Land festhalten.

Die Zuckerrohrindustrie in Guairá steht an einem Scheideweg. Die aktuellen Herausforderungen, insbesondere die verzögerten Zahlungen und die finanzielle Unsicherheit des Hauptabnehmers, erfordern dringend Lösungen. Eine stärkere Unterstützung der Bauern, sei es durch staatliche Hilfsprogramme, faire Zahlungsbedingungen oder die Förderung kleinerer, diversifizierter Verarbeitungsstrukturen, könnte dazu beitragen, die süße Ernte in Guairá langfristig zu sichern und den bitteren Nachgeschmack der Unsicherheit zu mildern.

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