Encarnación: Es gibt Momente in der Geschichte, die so außergewöhnlich sind, dass sie über Generationen hinweg weitererzählt werden. In Paraguay ist der Schneefall in der Hauptstadt von Itapúa vor genau 50 Jahren ein solcher Moment.
Am 18.07.1975 erlebte die Stadt ein Wetterphänomen, das die Bewohner in ungläubiges Staunen versetzte und bis heute als das extremste seiner Art gilt. Doch jenseits der meteorologischen Besonderheit wurde dieser Tag zu einem Symbol – einer Markierung in der Zeit, die nicht nur die Klimageschichte neu schrieb, sondern auch das Gedächtnis einer ganzen Nation tief berührte. Begleiten Sie uns auf eine Reise zurück zu diesem denkwürdigen Tag und entdecken Sie die Spuren, die er in der Erinnerung der Paraguayer hinterlassen hat.
Gestern vor 50 Jahren gegen 11:00 Uhr erlebte Encarnación dieses außergewöhnliche Naturereignis: Schneefall.
Deshalb gedenken Stadt und Land immer wieder eines Phänomens, das sich aufgrund seiner Seltenheit und Intensität ins kollektive Gedächtnis eingebrannt hat. Was als leichter Nieselregen unter grauem Himmel begann, verwandelte sich bald in einen Schneefall, der zwar kaum länger als eine Stunde anhielt, aber ausreichte, um die subtropische Landschaft der “Perle des Südens“ weiß zu färben.
Ein beispielloses Ereignis und seine Zeugen
Der Schneefall von 1975 war ein beispielloses Ereignis für Encarnación und Paraguay. Für viele war es das erste und einzige Mal, dass sie Schnee sahen. Julio Sotelo, damals ein zwölfjähriger Zeitungsjunge, war einer der glücklichen Zeugen dieses Naturschauspiels und beschrieb sein Erlebnis Jahre später in einem Buch. Noch heute erinnern sich einige Einwohner Encarnacións an den Schneefall und erwähnen, dass es definitiv Schnee war und sie alle überrascht waren, wie weiß die Straßen der Stadt waren.
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„Ich war wie immer auf der Straße und verteilte meine Zeitungen, als plötzlich Schneeflocken fielen. Es war unglaublich, ein einmaliges Ereignis“, sagte Sotelo. Der Schnee blieb eine Weile liegen, bis er vollständig geschmolzen war.
Da es damals kaum Kameras gab, waren Bilder dieses Ereignisses rar und blieben hauptsächlich in lokalen Medienarchiven erhalten, was den legendären Ruf des Ereignisses noch verstärkte. Man sagt auch, dass es vier Jahre später, am 20. Juli 1979, im Departement Itapúa erneut schneite, diesmal in der Gegend von San Rafael. Von diesem letzten Ereignis gibt es jedoch keine Aufzeichnungen.
Paraguays Temperaturen im Keller: Ein historischer Winter
Die extreme Kälte im Juli 1975 betraf nicht nur Encarnación. Zwischen dem 18. und 19. Juli desselben Jahres verzeichneten mehrere paraguayische Städte laut Aufzeichnungen der Direktion für Meteorologie und Hydrologie (DMH) ihre niedrigsten Temperaturen aller Zeiten. Nueva Asunción im Chaco erreichte frostige -5 °C, während das Thermometer in Capitán Meza -4,7 °C anzeigte. Ciudad del Este bildete keine Ausnahme und erreichte -3 °C, und Carapeguá im Zentrum des Landes verzeichnete -2 °C. Diese Zahlen spiegeln das Ausmaß der polaren Luftmasse wider, die sich über der Region festsetzte.
Die Kälte, die die Region gefrieren ließ: Misiones und die Katastrophe in Brasilien
Die Kältewelle, die Paraguay traf, war Teil eines viel umfassenderen Phänomens, das den Südkegel erfasste. Am 16. Juli 1975 erreichte eine extrem kalte und trockene Luftmasse Argentinien. In den frühen Morgenstunden des 17. Juli erreichte diese Masse den Nordosten Argentiniens und traf die Provinz Misiones schwer. In Bernardo de Irigoyen und Südbrasilien wurden erhebliche Schneefälle gemeldet, wodurch sich die Kältedecke über die Grenzen ausdehnte.
Am 18. Juli 1975 löste dieselbe polare Luftmasse eine der tragischsten Katastrophen in der Agrarindustrie des brasilianischen Bundesstaates Paraná aus. Heftige Windböen und extrem kalte Luft verursachten einen “schwarzen Frost“, der den Pflanzensaft gefrieren ließ und das Absterben ganzer Kaffeeplantagen verursachte. Diese Naturkatastrophe hatte verheerende Folgen für die lokale Wirtschaft. Es ist wichtig zu erwähnen, dass es in Misiones bereits in den vorangegangenen Wintern 1957, 1965 und 1966 sowie 1975 geschneit hatte. In Paraguay gibt es jedoch keine Aufzeichnungen über Schneefälle, mit Ausnahme des Schneefalls in Encarnación, den einige Meteorologen bis heute als Schneeregen beschreiben.
Ein gefrorenes Erbe: Schnee als Wahrzeichen in Encarnación
Der Schneefall von 1975 in Encarnación ist auch ein halbes Jahrhundert später noch ein Meilenstein. Abgesehen von den niedrigen Temperaturen und den damit verbundenen Herausforderungen wurde dieses Ereignis zu einer denkwürdigen Anekdote, ein Zeugnis der Unberechenbarkeit der Natur und wie ein Wintertag eine Landschaft und die Wahrnehmung ihrer Bewohner völlig verändern kann. Die Geschichte des Schnees in Encarnación erinnert uns daran, dass die Natur selbst in warmen Breitengraden immer wieder Überraschungen bereithält.
Wochenblatt / Wetterbehörde Encarnación














