Cannabis auf Rezept – Wie sich politische Reformen auf die medizinische Versorgung auswirken

Mit dem neuen Cannabisgesetz (CanG), das im April 2024 in Kraft getreten ist, wurden Besitz und Eigenanbau von Cannabis zu Genusszwecken in bestimmten Grenzen legalisiert. Doch während die gesellschaftliche Debatte stark vom Freizeitkonsum geprägt ist, rücken die Auswirkungen auf die medizinische Versorgung in den Hintergrund. Dabei gab es auch hier Änderungen. 

Medizinisches Cannabis bleibt verschreibungspflichtig

Trotz der Legalisierung im Freizeitbereich ist medizinisches Cannabis weiterhin verschreibungspflichtig. Cannabisblüten, Extrakte oder Kapseln dürfen ausschließlich bei medizinischer Notwendigkeit und auf ärztliches Rezept verordnet werden. Voraussetzung für ein Cannabisrezept ist eine schwerwiegende Erkrankung und das Scheitern oder die Unverträglichkeit anderer Therapieoptionen.

Die Verordnung muss medizinisch nachvollziehbar begründet werden. Typische Anwendungsgebiete sind chronische Schmerzen, neurologische Erkrankungen wie Multiple Sklerose, Spastiken, Übelkeit und Appetitlosigkeit bei Krebspatienten oder therapieresistente Epilepsie. Auch bei Depressionen oder ADHS wird Cannabis zunehmend eingesetzt.

Was hat sich 2024 bei medizinischem Cannabis geändert?

Mit dem Inkrafttreten des Cannabisgesetzes (CanG) wurden auch im Bereich der medizinischen Versorgung mehrere Änderungen umgesetzt. Die bedeutendste Neuerung ist der Wegfall des Betäubungsmittelrezeptes. Medizinisches Cannabis unterliegt nicht mehr den strengen Vorschriften des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG). Das bedeutet, dass Ärzte kein Betäubungsmittelrezept (BtM-Rezept) mehr ausstellen müssen und ein reguläres Rezept ausreicht. Diese Entbürokratisierung vereinfacht die Verordnung in der Praxis erheblich.

Zudem wurde die Pflicht zur vorherigen Genehmigung durch die gesetzliche Krankenkasse für viele Fälle aufgehoben. Bei gesetzlich Versicherten entfällt damit in bestimmten Konstellationen das bisher übliche Antragsverfahren, das häufig mit langen Wartezeiten und Ablehnungen verbunden war. Stattdessen kann die Behandlung schneller beginnen, wenn die Voraussetzungen für eine medizinische Indikation gegeben sind.

Zugang für Patienten noch immer schwierig

Trotz dieser Erleichterungen bleibt die medizinische Anwendung weiterhin streng geregelt. Cannabis darf nur dann verordnet werden, wenn eine schwerwiegende Erkrankung vorliegt und eine Aussicht auf Linderung der Symptome besteht. Für viele Patienten ist die Verschreibung dadurch nach wie vor ungewiss. 

In vielen Regionen gibt es nur wenige Ärzte, die bereit sind, Cannabis zu verschreiben. Fachärzte mit Erfahrung in der Cannabinoidtherapie sind häufig überlastet. Wer eine Therapie beginnen möchte, muss oftmals lange Wartezeiten in Kauf nehmen.

Auch die Versorgung über Apotheken ist nicht durchgehend gewährleistet und immer wieder kommt es zu Versorgungsengpässen. Wer auf ein bestimmtes Präparat oder eine Sorte eingestellt ist, muss bei Nichtverfügbarkeit oft Anpassungen hinnehmen.

Digitale Lösungen: Wie Online-Plattformen Versorgungslücken schließen

Digitale Lösungen gewinnen in der medizinischen Versorgung zunehmend an Bedeutung, besonders dort, wo traditionelle Strukturen an ihre Grenzen stoßen. Anbieter wie avaay schließen genau diese Lücken. Die Plattform bringt Patienten mit telemedizinischen Anbietern zusammen, über die ein Rezept ausgestellt werden kann. Je nach Anbieter findet die Verordnung entweder über eine Online-Sprechstunde oder einen Online-Fragebogen statt. 

Die Prüfung der Indikation findet durch erfahrene Fachärzte statt. Nur wenn eine medizinische Indikation vorliegt, wird das Rezept ausgestellt und an den Patienten übermittelt. Dieser hat die Wahl, ob er das Rezept in einer spezialisierten Online-Apotheke oder einer Apotheke vor Ort einlöst. Gerade für Patienten mit Mobilitätseinschränkungen oder einem Wohnort in medizinisch unterversorgten Regionen, stellen die Plattformen eine praktische Alternative zur klassischen Arztpraxis dar.

Politische Reformen mit Nachbesserungsbedarf

Trotz der gesetzlichen Änderungen im Jahr 2024 bleibt die medizinische Versorgung mit Cannabis in Deutschland an vielen Stellen unzureichend. Ein zentrales Problem ist die uneinheitliche Indikationsbewertung. Zwar ist die therapeutische Wirksamkeit von Cannabis bei bestimmten Erkrankungen wie Multipler Sklerose, Tumorschmerzen oder Epilepsie inzwischen belegt, doch bundesweit verbindliche Indikationskataloge fehlen. Die Entscheidung über eine Verordnung liegt damit im Ermessen des behandelnden Arztes, was zu einer stark variierenden Praxis führt.

Ein weiterer Schwachpunkt ist der mangelnde Ausbau ärztlicher Fortbildung. Die Cannabinoidmedizin spielt im Medizinstudium bislang kaum eine Rolle und es fehlen zudem zertifizierte Fortbildungsangebote. Ärzte sind daher häufig gezwungen, sich das notwendige Wissen autodidaktisch anzueignen. Die Folge ist ein fragmentiertes Versorgungssystem, das vielen Patienten den Zugang zur Therapie unnötig erschwert.

Fazit: Viel erreicht, aber noch ausbaubar

Die Legalisierung von Cannabis zu Freizeitzwecken ist ein gesellschaftlicher Meilenstein. Für die medizinische Nutzung jedoch bleibt der Weg steinig. Trotz rechtlicher Öffnung bestehen weiterhin strukturelle, administrative und praktische Hürden, die eine flächendeckende und gerechte Versorgung erschweren.

Telemedizinische Anbieter leisten hier einen wichtigen Beitrag, diese Lücken zu schließen. Sie schaffen Zugänge, wo klassische Strukturen versagen, und bieten Patienten fachärztliche Begleitung ohne unnötige Barrieren. Doch um Cannabis als Arzneimittel in die Regelversorgung zu integrieren, braucht es politische Entschlossenheit und klare Indikationskataloge sowie eine bessere Ausbildung für medizinisches Fachpersonal.

CC
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