Deutsche Allgegenwart in Paraguay

Asunción: Von Deutschen gegründete Kolonien gibt es seit über 100 Jahren in Paraguay. Und die Zahl der Einwanderer aus ihrem Heimatland wird immer größer. Die Geschichte aus früheren Tagen wiederholt sich anscheinend und hat auch noch in der heutigen Zeit weiter Bestand.

Der Beginn der bilateralen Beziehungen zwischen Deutschland und Paraguay wurde mit dem Vertrag über Freundschaft, Handel und Schifffahrt am 1. August 1850 festgelegt.

Um die diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden Ländern zu bekräftigen, wurde der belgische Baron Alfred du Graty zum Geschäftsträger von Paraguay ernannt.

Die von der paraguayischen Regierung geförderten deutschen Kolonien wurden 1871 in Yaguarón gegründet. Diese Kolonien hielt nicht lange an, da die Aufnahme von Einwanderern nicht organisiert war. Erst 1881, unter der Regierung von Bernardino Caballero, begann die organisierte Einwanderung mit der deutschen Kolonie San Bernardino. Von diesem Jahrzehnt an wurde durch eine deutsche Mission in Paraguay eine Dynamik in Gang gesetzt, um die Möglichkeiten und Vorteile zu untersuchen, die das Land der Masseneinwanderung deutscher Staatsbürger bieten könnte. Einwandererungsbestimmungen waren durch das Gesetz vom 7. Juni 1881 geregelt, das erste allgemeine Kolonialisierungsgesetz, das den Verkauf von Land regelt und Investitionen ausländischer Unternehmen förderte.

In diesem Zusammenhang wurde auf Initiative des Schwagers des deutschen Philosophen Federico Nietzsche, Bernhard Förster und seiner Frau Elisabeth, Nietzsches Schwester, die erste Privatkolonie unter dem Namen Nueva Germania gegründet. Försters Absicht war es, Deutsche zusammenzubringen, die die gleiche antisemitische Ideologie teilten, um eine “arische Rasse“ zu entwickeln. Die Utopie einer Kolonie zur Bewahrung der Reinheit des deutschen Blutes. Als Antisemit galt Förster, der sich von den musikalischen Schriften Richard Wagners inspirieren ließ und entschied, dass der beste Weg, sein Ziel zu erreichen, darin bestand, Europa zu verlassen und sich in Südamerika niederzulassen. Förster war damals Leiter einer preußischen Antisemitengruppe. Seine Idee war es, eine Kolonie nach völkischen Grundsätzen der damaligen Zeit zu gründen, also ein Zivilisationsprojekt zu etablieren, das die Juden ausschließt.

Förster reiste 1883 zum ersten Mal nach Paraguay. Während seines Aufenthalts besuchte er die neu gegründete Kolonie San Bernardino, was seine Entscheidung beeinflusste, ebenfalls eine landwirtschaftliche Kolonie in Paraguay zu gründen. In Deutschland startete Förster eine Werbekampagne, um Siedler anzuwerben. Förster heiratete 1885 in Naumburg Elisabeth Nietzsche (Schwester des Philosophen Friedrich Nietzsche). Bei seinem ersten Besuch in Paraguay schrieb er ein Buch, das er 1886 in Deutschland veröffentlichte, in dem er die Möglichkeiten einer Koloniegründung in der Region aufzeigte. Zurück in Paraguay gründete er mit seiner Frau Elizabeth am 1. März 1887 auf 22.500 Hektar Land die Kolonie Nueva Germania am Fluss Aguaray Guazú, 90 Kilometer von Concepción entfernt im Department San Pedro. Nach dem Ausländergesetz wollte Förster innerhalb von zwei Jahren 140 Familien in der Kolonie ansiedeln. Im ersten Jahr kamen 40 deutsche Familien an und im folgenden Jahr erreichte ihre Zahl 160.

Die Geschichte der Kolonie Nueva Germania ist am besten bekannt durch den Briefwechsel zwischen Elisabeth Nietzsche und ihrer Mutter Franziska sowie an ihren Bruder Friedrich Nietzsche. Elisabeths erster Brief an ihren Bruder erklärt, dass sie in Paraguay gut aufgenommen wurden. Elizabeth bat ihren Bruder, nach Paraguay zu kommen. Die Grundstückspreise begannen zu steigen, das Land war friedlich, er konnte sicher leben und in kurzer Zeit reich werden.

In einem Brief vom Juni 1887 erwähnt Friedrich die Bitte seiner Schwester, in Neugermanien zu investieren. Er hofft ironisch, dass Deutschland der Förster-Kolonie helfen wird, indem es alle Antisemiten aus Deutschland vertreibt und sie zwingt, nach Paraguay zu ziehen. Försters Idee ähnelte der von William Lane, dem Gründer der Kolonie New Australia, in einer geschlossenen Kolonie mit kooperativen Regeln und Verwaltung zu leben. Die Spuren dieser frühen utopischen Gruppen verblassten in den frühen Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts.

Nietzsche, besorgt um das Wohl seiner Schwester von ihrem Abenteuer in Paraguay, schrieb ihr: „Du hast eine der größten Dummheiten begangen, meine Liebe, für dich und für mich! Seine Verbindung zum antisemitischen Führer ist mir völlig fremd und erfüllt mich mit Wut und Melancholie. Sie sagten, du hättest den Kolonisator Förster geheiratet und nicht den Antisemiten und das stimmt; aber in den Augen der Welt wird Förster bis zu seinem Tod der Antisemitenführer bleiben“.

Als Antwort auf ihren Bruder gab Elizabeth zu, dass sie, als ihr Mann in Südamerika war und jemanden brauchte, der ihn in Deutschland verteidigte, vorübergehend eine antisemitische Haltung eingenommen hatte, um ihrem Gatten zu gefallen. Sie fügte jedoch hinzu, dass Antisemitismus “ihm immer missfallen hat und er keinen Grund hatte, antisemitisch zu sein“.

Nueva Germania begann zu gedeihen und die Kolonie konzentrierte sich auf Landwirtschaft und Viehzucht. Aber schlechte geschäftliche und finanzielle Entscheidungen erschwerten den Betrieb der Kolonie zunehmend und Förster stand am Rande des Bankrotts. Die Siedler bearbeiteten das Land, aber erneut verhinderte die Isolation der Kolonie aufgrund des Mangels an Straßen und die Unerfahrenheit der meisten Siedler in der Landwirtschaft ihre Entwicklung. Bernhard Förster beging 1889 im Alter von 46 Jahren in San Bernardino Selbstmord. Hing sein Selbstmord mit dem Scheitern der Kolonie zusammen? Diese Frage bleibt unbeantwortet, aber sicher ist, dass diese Tat nicht das Ende der Kolonie bedeutete. Nach dem frühen Tod ihres Gründers verwirklichte sich die anfängliche Ideologie nicht. Förster hinterließ keinen Erben seiner Ideologie.

Elisabeth Förster-Nietzsche kehrte im Sommer 1893 nach Deutschland zurück, nachdem sie ihren Besitz an Baron von Frankenberg-Lüttwitz verkauft hatte. Die Kolonie bestand aus 193 Deutschen (90 Familien). Nach einer zweiten Reise nach Deutschland kehrte die Frau am 15. Januar 1895 endgültig zurück, wo sie das vom Philosophen Nietzsche hinterlassene Archiv übernahm, dafür aber heftig kritisiert wurde. (Elizabeth Förster-Nietzsche starb am 8. November 1935). Im folgenden Jahr (1896) wurde die Kolonie auf 175 Personen reduziert, von denen 72 Deutsche und der Rest Belgier, Österreicher und Schweizer waren, die die “Koloniengemeinschaft Nueva Germania del Paraguay“ gründeten. Der Name der Kolonie blieb bestehen und der Ort wurde für andere Nationalitäten geöffnet.

Zusammen mit dieser ersten privaten Ansiedlung trug das 1897 in Deutschland erlassene erste Zuwanderungsgesetz dazu bei, die Auswanderung nach Paraguay zu stärken, wie der deutsche Konsul in Argentinien schrieb. „Wir müssen kolonisierbare Gebiete sichern, die den Deutschen eine Heimat bieten können. In Südamerika, insbesondere im Süden Brasiliens und Argentiniens, in der Region Misiones, an den Ufern des Paraná-Flusses, gibt es eine Region, die auf diese Bedürfnisse eingeht.“

Das deutsche Gesetz Nr. 2393 vom 9. Juni 1897 über die Auswanderung in das außereuropäische Ausland schrieb die Voraussetzungen vor, die deutschen Auswanderern Hilfe gab. Es legt die Regeln für Auswanderer sowie für den Transport von Auswanderern fest: Wer Auswanderer ins Ausland befördern will, muss die Erlaubnis des Bundesrates und des Reichskanzlers einholen, die sie erteilen oder verweigern können.

Die Propaganda über Paraguay in Deutschland und in den Nachbarländern förderte die Migration und führte in den folgenden Jahrzehnten zur Bildung weiterer deutscher Kolonien. Um die Einwanderung zu fördern, hat die paraguayische Regierung vorteilhafte Vereinbarungen mit privaten Unternehmen und Konzessionären getroffen, um deutsche Kolonien im Süden des Landes zu fördern. Durch das Gesetz vom 12. September 1898 wurde Privatunternehmen Land zur Gründung von Kolonien zugesprochen. So gründeten Reverchon und Clos die Kolonie Hohenau. Die Konzessionäre versprachen, Siedler mit Familien zu bringen, Straßen zu bauen und Industriebetriebe in Übereinstimmung mit dem Gesetz zu schaffen.

Wochenblatt / Ultima Hora

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4 Kommentare zu “Deutsche Allgegenwart in Paraguay

  1. Offener Brief

    Interessanter Artikel. Deckt sich auch mit meinen Erfahrungen, ähnliche Zustände, wie sie auch in Südafrika anzutreffen sind.

  2. Prußia is not yet lost

    Industriebetriebe sollten in Hohenau und in allen deutschen Kolonien in Paraguay etstehen.
    Davon ist bis heute nichts zu sehen. Ich suche vergebens nach einer schweizer Uhrenindustrie (Horlogerie) in der schweizer Kolonie La Rosaleda.
    Ditto nochmals dasselbe für die deutschen Kolonien.
    Das einzige was man in diesen deutschen Kolonien und Siedlungen findet sind Kneipen, Bars, Schenken, Prostibühle, Hotels, Gaststätten und den obligatorischen Puff.
    Ich sehen wenigstens noch keinen Volkswagen, Mercedes Benz oder BMW Made in Hohenau, Colonias Unidas oder sonstwelchen deutschen Siedlungen. Der Industrialisationswunsch hat sich nie verwirklicht. Aber dafür umso mehr der Drang zur Winzerei und Bierbrauerei – am Ende überwog wohl der Durscht.
    Tatsache ist: Den Deutschen ist außerhalb Deutschlands praktisch niemals was gelungen. Außer in den USA und andere Staaten wo die Leitkultur vom selben Stamm war wie z.B. der Angeln und der Sachsen, Angelsachsen. Die Engländer sind ja eigentlich nur ausgewanderte Sachsen und vom Osten heute, Jütland kamen die Angeln die einst in der Zone siedelten was man heute Preußen nennt, bzw nannte (von wo auch die Sprache der Mennoniten stammt, das Niederpreußisch). Man kann beweisen daß die Angeln aus dem ehemaligen Preußen stammten da das englische „o“ auch im Plattdeutschen widerzufinden ist das früher als œ geschrieben wurde. Im Niederpreußischen sagt man eine Art des „o“ exakt genauso aus wie der Engländer „Œh, nœ“ was man heute im englischen so schreibt: Oh, no. Aber exakt mit gleicher Aussprache im Englischen wie im Plattdeutschen. Daher kann das œ nur von den Angeln stammen die ja aus der Zone stammten und kamen wie das Niederpreußische (schon 1200 nach Christus sprach man im heutigen Polen, eigentlich Preußen, Plattdeutsch wie man am Fall „der falsche Olaf“ sehen kann denn dieser verriet sich damals durch das Plappern von Plattdeutsch) und dieses dem Englischen überlieferten.
    Wo die Leitkultur nicht aus dem Germanentum stammte, wie im heutigen Südafrika, da kam niemals wirklich eine Innovation heraus – wie eben vom heutigen Südafrika.
    Das wichtigste ist nicht so sehr die Genetik oder Rasse, sondern die zivilisatorische Umgebung, die Umgebung, in der Innovationen heranwachsen können. Es nützt dir z.B. heute nichts in Paraguay ein kluger Kopf zu sein denn ohne politischem Fördertum wird dein Talent nur von der Gesellschaft absichtlich verschüttet. So läuft das allewege im ehemaligen Spanischen Kolonialreich, aka Lateinamerika. Das ist eines der Hauptgründe warum das Spanische Reich gegen dem Englischen Imperium verlor.
    Das beste Beispiel heute ist Puerto Rico. Es sind genetisch Lateiner und leben in einer englisch dominierter Umgebung die ihnen alle Möglichkeiten des Imperiums bietet die sich aber selbst regieren. Das Resultat ist daß die Puertoricaner zu 30% von der amerikanische Wohlfahrt leben und die Insel der am höchsten verschuldete Bundesstaat ist – praktisch Dauerbankrott. Vergleichsweise die Insel Taiwan, die ganz anders ist weil eben die Umgebung und Genetik anders ist.
    Genausowenig haben die Deutschen und andere Europäer die nach Südamerika kamen wirklich eine Schwerindustrie aufbauen können außer vielleicht in Brasilien und Argentinien im geringeren Maße. Es fehlte immer am fortschrittlichen Environment – an der Umgebung.
    Daher ist es unbedingt so daß nicht die Ägypter die Pyramiden erbauten oder die Idee dazu hatten oder sie entwarfen, sondern die einzige Intelligenz die einwanderte: Joseph der Hebräer. Die Umgebung schuf dann der Pharao indem er Joseph wohlgesonnen war und den Götzenkult in Ägypten einzudämmen versuchte. Es war genau der Pharao des Joseph der dieses tat (wohl ein Hyksos nach Theodor Mommsen dessen Altertumsgeschichte in vielen Bänden ich mal las).
    Nur Gott kann Fortschritt schaffen bzw die Voraussetzungen des Fortschritts (die Umgebung).
    Das ist auch der Grund warum Vladimir Putin sich das Preußen zurückwünschte und den Deutschen das wieder anbot – nur Preußen sorgte im russischen Raum für die Umgebung wo Innovation und Fortschritt wachsen konnten. Die Eliminierung Preußens bedeutete für das Russische Reich den technologischen Rückfall gegenüber dem Rest der westlichen Welt. Das müssen die Engländer gewußt und beabsichtigt haben als sie 1945 Preußen „für immer“ eliminierten. Nur die dummen Rußen durchschauten das perfide Spiel nicht. Wie denn auch, mit solchen Dumpfbacken als Führer wie den ukrainer Nestor Machno.
    1. Mose 41 ff.
    „56 Und als die Hungersnot im ganzen Land herrschte, öffnete Joseph alle Speicher und verkaufte den Ägyptern [Getreide]; denn die Hungersnot nahm überhand im Land Ägypten. 57 Und alle Welt kam nach Ägypten, um bei Joseph Korn zu kaufen; denn es herrschte große Hungersnot auf der ganzen Erde.“
    Es gab damals nicht nur eine Hungersnot in Ägypten sondern auf der ganzen Erde. Das wird immer überlesen. Und von der ganzen Erde kamen die Leute Getreide kaufen bei Joseph. Das bedeutet das Klima spielte damals irgendwie übel mit. Wir wissen von Flavius Josephus daß z.Z. als Isaak seinen Knecht als Brautwerber für Jaakob aussandte daß Mesopotamien damals wie heute die Ukraine mit Schneematsch im Winter unpassierbar war. Es lag Schnee wo heute Irak, Saudi Arabien, Jordanien, Syrien, etc liegen auf dem Boden – wo heute fast nur Wüste ist. Das ganze als Folge der Sintflut da sich die Eiszeit dem Ende neigte die nach der Sintflut und nach dem Turmbau zu Babel einsetzte (heißes Wasser der Ozeane kühle in der Vulkanascheluft ab und es schneite wo sich so die Gletscher und Eis der Pole formierten). Es war damals bedeutend kühler auf der Welt.
    Why is PUERTO RICO poor if it belongs to the US? – https://www.youtube.com/watch?v=Cnww36bChfw&t=88s

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    1. monosapiens sapiens

      Alles, was wir von Moses wissen, steht in einer einzigen Quelle: dem Alten Testament. Bis in die Zeit der Aufklärung waren die Kirchenlehrer davon überzeugt, dass Moses selber es geschrieben hatte. Heute, nach 150 Jahren wissenschaftlicher Bibelkritik, ist diese Annahme verworfen. Ein Redaktionsteam jüdischer Priester hat die fünf Bücher Mose im fünften Jahrhundert v. Chr. zusammengestellt – erst 800 Jahre nach der Zeit, in der Moses, wenn es ihn denn gab, vermutlich gelebt hat.

  3. Die Herrenrasse Arier fanden die Indianerinnen auch ganz lecker. Und so fand der antisemiten Spuk ein schnelles Ende. Heute gibt es in Nueva Germania kaum noch 10 Familien die noch gut deutsch Reden können und in ein bis zwei Generationen ist Deutsch als Sprache wohl ausgestorben. Wenn ich durch Nueva Germania fahre hab ich jedoch den subjektiven Eindruck das die Stadt doch erheblich sauberer ist als Py im Allgemeinen. Vielleicht ist das ja das Erbe der Deutschen.

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