Gibt es überhaupt eine Mittelschicht?

Asunción: Ana Rojas Viñales, Ökonomin und Forscherin, lieferte eine Analyse der Sozialpolitik von 1989 bis heute. Vor allem die Mittelschicht hatte sie im Visier.

Sie sagte, dass sie, nachdem sie dieses Jahr zu Beginn ihrer Forschung im Zusammenhang mit der akademischen Arbeit herausgefunden habe, dass alle Regierungen vom Sturz der Diktatur bis 2020 das Problem der Sozialpolitik als vorrangig eingestuft hätten, wie etwa Armut und Ungleichheit. In den untersuchten Regierungen werden unterschiedliche Strategien umgesetzt, deren Ziel auf der Bekämpfung der Armut liegt.

Viñales erklärte, dass die Messung von Armut und Ungleichheit seit 1997 vom Nationalen Statistikinstitut registriert werde. Sie fügte an, dass die Entwicklung beider Indikatoren rückläufig sei, die Armut jedoch schneller abnehme als die Ungleichheit. „Das heißt, in Paraguay können wir von 1997 bis heute von einem Rückgang der Armut um mehr als 50 % sprechen und die Ungleichheit nimmt weniger ab, denn die Gegensätze weisen zu große Unterschiede auf“, betonte sie.

„Egal wie stark die Armut zurückgeht, es ist schwierig, sie nachhaltig aufrechtzuerhalten, weil es eine Gruppe gibt, die das Einkommen oder die Vorteile des Wachstums unseres Landes konzentriert“, sagte Viñales in einem Interview mit dem Radiosender 1000 AM.

In Paraguay werden Armut und extreme Armut seit einigen Jahren an der monetären Armut gemessen. Hierbei handelt es sich um einen grundlegenden Warenkorb mit Produkten und Dienstleistungen. Ungleichheit wird auch am monetären Einkommen gemessen.

In Bezug auf die Mittelschicht sagte sie, dass diese in Paraguay sehr gefährdet sei, da viele Familien im Falle einer Krankheit oder eines Unfalls in die ärmste Schicht zurückfallen könnten.

„Die Mittelschicht in Paraguay ist nicht gefestigt, das hat mit dem Sozialschutzsystem zu tun, das keine sehr hohe Deckung bietet. Wenn wir über die Mittelschicht sprechen, müssen wir mit einer Pinzette und einer detaillierten Studie untersuchen, ob es in Paraguay tatsächlich eine Mittelschicht gibt“, erklärte Viñales abschließend.

Wochenblatt / El Nacional / Beitragsbild Archiv

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3 Kommentare zu “Gibt es überhaupt eine Mittelschicht?

  1. Deutsch-Paraguayo

    Paraguay hat eine prozentual größere Mittelschicht als Deutschland. Das lässt sich optisch leicht überprüfen. Gehen Sie in den Einkaufszentren Shopping Mariscal, Shopping del Sol und Shopping La Galería über ein oder zwei Parkdecks und schauen Sie sich die Autos an. Dann machen Sie das Gleiche zum Vergleich in Deutschland. Was werden Sie feststellen? Zunächst einmal werden Sie Schwierigkeiten haben, vergleichbare Einkaufszentren zu finden. Und dann werden Sie sehen, ob das, was ich hier behaupte, stimmt.

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    1. Die beschriebenen Leute könnte man fast als Oberschicht bezeichnen. Die Mittelschicht in Paraguay ist eher klein und hat ein Einkommen von vielleicht 2-3 Mindestlöhnen. Also vielleicht bis Euro 1.000 im Monat zur Verfügung.

      Damit können sie ein Haus mit 1-2 Schlafzimmern im Großraum Asuncion über 20 Jahre finanzieren, ein kleines Auto und Handy bzw. Internet. Meist arbeiten beide Partner und kommen mit Ratenkäufen (Cuotas) über die Runden.

      Die Oberschicht ist vergleichsweise groß, da es sich um Geschäftsleute, Unternehmer, Politiker, Großbauern handelt, welche alle die Früchte ihrer Arbeit zu fast 100% behalten können. Maximalst müssen sie 10% Umsatzsteuer und 10% Einkommensteuer zahlen, das ist der Höchststeuersatz im Land. Kapitalerträge wie Dividenden werden mit 8% Endbesteuert.

      Wer also fähig ist und Leistung bringt, der wird in Paraguay fast zwansläufig reich.

      In der EU wird durch das sog. „progressive Steuersystem“ diese Gruppe absichtlich sehr hoch besteuert, damit der Aufstieg von der Mittelschicht zur Oberschicht so schwer wie möglich gemacht wird. Im Gegenzug ist auch die Armut gering; Deutschland also ein Paradies für Leute, die eher weniger Leistung bringen wollen und ein Albtraum für jeden Leistungsträger. Deswegen kommt auch eine bestimmte Gruppe von Menschen gerne nach Deutschland und eine andere Gruppe verläßt das Land zunehmend.

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  2. Für mich ist das die Oberschicht, welche neue und teure Autos fährt und Zeit hat tagsüber Geld auszugeben in den Shopping-Tempeln.
    Die Mittelschicht muss hart für ihr Geld arbeiten, fährt Motorrad oder ein altes umgebautes Auto und finanziert sich alles per monatlicher Rate.
    Die Konzentration des Vermögens ist systembedingt und weltweit zu beobachten. Kommt es wirklich auf den persönlichen Einsatz, Fleiß und Können an? Oder ist es eher wichtiger in welche Familie man geboren wird, ob es etwas zum Vererben gibt oder nicht?

    Aber: Selbst ein Bauarbeiter kann in diesem Land ein eigenes Haus bauen (hueco mit chapa) – in Deutschland (ohne Erbe) unmöglich, unter anderem auch wegen ständig steigender Bauvorschriften.

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