Sprint-Star aus dem Chaco wächst unter starkem Druck über sich hinaus!

Asunción: Die schnellste Frau Paraguays, Xenia Hiebert aus Loma Plata (Chaco), macht schon seit Jahren von sich reden. Ich traf sie 2021 zum ersten Mal im Leichtathletik-Stadium neben der SND-Arena, als sie mich wegen der deutschen Schrift auf meinem T-Shirt ansprach.

Als Weltmeister im Hochsprung bei den Senioren und deutscher Rekordhalter war ich zu Trainingszwecken nach Asuncion gekommen. Sie erzählte, daß sie mit Deutsch als erster Sprache aufwuchs und Spanisch quasi als „erste Fremdsprache“ erlernen mußte, ein aus meiner Sicht schon sehr berührender Aspekt.

Kurz zuvor hatte sich Xenia mit 11.72 sec auf 100 m in die nationale Rekordliste eingeschrieben. Damit gibt sich eine Xenia Hiebert aber nicht zufrieden. Monat um Monat hochkonzentriertes Training. Ich sah sie die großen Stufen (ca. 40 cm) an der Stadiontribüne einbeinig hochspringen. Aber manchmal reichen Schweiß und Willen nicht aus. Ihre Zeiten stagnierten.

2023: Olympia Paris (2024) rückt näher und im eigenen Land rückt ihr zum ersten Mal eine ernsthafte Konkurrentin auf die Pelle. Macarena Giminez. Das hat sie im Kopf und das kann was ändern.

1. November 23, im Parque Olímpico, Luque, 100 m der Frauen. Macarena legt 11,83 sec vor. Xenia ist gewarnt und kontert mit 11,71 sec. Neuer Landesrekord! Jetzt brennt die Hütte vor dem Finale!

Xenia spürt den Druck der Konkurrentin, die nichts zu verlieren hat, aber alles gewinnen kann.

Das finale Rennen ist fast grausam zu nennen, keine der beiden kann sich absetzen, sie quälen sich bis zum letzten Meter und am Ende hat Xenia 11 bis 12 cm Vorsprung vor der Rivalin. Xenia in 11,68, Macarena in 11,69 sec.

Wieder ein neuer Paraguay-Rekord für Xenia und Macarena kann sich nur trösten mit dem Unterbieten der alten Marke.

Doch es geht weiter. Nach dem Grand Prix von Paraguay stehen am nächsten Tag nationale Meisterschaften an. Beiden Damen müßten angesichts der Vortagsrennen sowie der auf 40°C zusteuernden Temperaturen ausgepowert sein.

Dennoch sind die Vorlaufzeiten beachtlich: 11,71 sec für Xenia Hiebert und 11,83 sec stehen für Macarena Giminez stehen zu Buche.

Das Finale wird unvergeßlich bleiben. Xenia explodiert und zerschmettert ihren eigenen vor Stunden aufgestellten Rekord. Die Uhr bleibt bei 11,61 sec stehen. Für Macarena bei 11,73 sec.

11,61 sec auf 100 m sind auch international ein Ritterschlag. Ab hier wird es deutlich interessanter.

Gina Lückenkämper ist eine aktuelle, deutsche Sprinterin auf Weltniveau, u. a. Euromeisterin 100 m, die für den SCC Berlin startet.

Ich habe Gina gebeten, sie möge in Paris bei Olympia 24, sollte Xenia neben ihr an den Startblöcken auftauchen, ihr beruhigend und aufmunternd auf die Schultern klopfen. Könnte ja eine ein- oder zweizehntel schnellere Zeit bewirken.

Gerhard Wenzke – Asuncion