Villarrica: Carol Reffel ist Lehrerin für Mathematik in der Grundschulbildung sowie Jugend- und Erwachsenenbildung, hat es aber nie geschafft, eine Stelle zu bekommen. Ihre Geschichte zeigt, wie unsicher der Arbeitsplatz ist und wie Vetternwirtschaft den Weg in öffentliche Ämter ebnet.
Mit einem resignierten Lächeln stellt sich die aus Villarrica stammende Lehrerin vor: „Ich bin die Chipa-Lehrerin.“ Obwohl sie eine Ausbildung auf drei Bildungsstufen absolviert hat, wartet sie seit über zwei Jahrzehnten auf eine Stelle im öffentlichen Lehramt.
Jeden Morgen vor Sonnenaufgang schwingt sie sich mit einem Korb Chipas auf seinem Motorrad und fährt durch die Straßen der Stadt, um Geld für ihren Haushalt zu verdienen. „Ich habe weder einen Job noch eine Stelle. Ich suche seit 20 Jahren nach Arbeit, aber bisher habe ich nichts gefunden“, sagte sie in einem Interview mit Canal-E.
Reffel hat Abschlüsse in Mathematik, Grundschulpädagogik sowie Jugend- und Erwachsenenbildung auf allen drei Stufen, schaffte es jedoch nie in das staatliche Bildungssystem. Angesichts mangelnder Chancen versuchte sie sich als Straßenverkäuferin neu und fand im Chipaverkauf eine Möglichkeit, mit Würde, Anstrengung und Ausdauer voranzukommen. Sie beginnt ihre Tour um 05:00 Uhr morgens und ist davon überzeugt, dass jeder Tag eine neue Chance bietet.
Trotz des Mangels an Chancen und institutioneller Unterstützung trotzt Reffel dem Leben mit Standhaftigkeit, wie viele andere auch, die durch ein System, das Leistung oder Bildung nicht belohnt, verdrängt werden.
Über ihre persönliche Aussage hinaus offenbart der Fall der “Chipa-Lehrerin“ ein tieferes Problem: Den ungleichen und politisierten Zugang zu öffentlichen Ämtern in Paraguay. Während qualifizierte Fachkräfte wie Reffel weiterhin auf eine Chance warten, gelangen andere ohne die erforderliche Qualifikation oder Ausbildung in Schlüsselpositionen – sogar in Führungspositionen im Bildungsbereich. Oftmals durch Prüfungskauf oder parteipolitische Bindungen.
Reffels Erfahrung ist die Geschichte Tausender anderer Menschen und führt uns eine schmerzhafte Realität vor Augen: In Paraguay reichen Studium und Ausbildung nicht immer aus, um eine menschenwürdige Arbeit zu finden.
Wochenblatt / El Nacional














