Asunción: Paraguay ist schon lange nicht mehr nur ein Transitland für den illegalen Handel mit Drogen, vor allem Kokain, sondern ein Lager-, Vertriebs- und Exportzentrum. Dies wird durch die jüngsten großen Drogenbeschlagnahmungen in Europa bewiesen.
Der Drogenhandel in Paraguay hat sich nicht nur geografisch ausgedehnt, sondern auch in der Produktion diversifiziert. Es gibt keinen Ort im Land, an dem diese illegalen Aktivitäten nicht stattfinden, vom Marihuanaanbau in der dichten Vegetation bis hin zu geheimen Labors für die Kokainverarbeitung in den städtischen Zentren.
Unter der scheidenden Regierung von Mario Abdo Benítez wurden in großem Umfang Marihuana- und Kokainlieferungen beschlagnahmt, die ins Ausland verbracht werden sollten. Mehrere dieser Sendungen konnten jedoch ihr Ziel erreichen, nachdem sie die Zoll- und Hafenkontrollen durch Bestechung von Beamten umgangen hatten.
Die Fälle, die das Land am meisten in Aufruhr versetzten, waren zweifellos die Beschlagnahmungen großer Mengen Kokain, die aus Paraguay in europäischen Häfen, vor allem in Deutschland und Belgien, geschmuggelt wurden.
Dies führte zur Bildung eines Ermittlungsteams, an dem mehrere nationale und ausländische Institutionen beteiligt waren und das intensive Megaoperationen zur Drogenbekämpfung durchführte. Eine davon war “A Ultranza Py”, die am 22. Februar 2022 durchgeführt wurde und bei der die mutmaßliche Verwicklung von Personen mit großer Macht und großem Einfluss wie Miguel Ángel Insfrán Galeano, alias “Tío Rico”, aufgedeckt wurde.
Insfrán soll einem “Familienclan” vorgestanden haben, der große Mengen Kokain in Containern getarnt per Schiff nach Europa schmuggelte. Zollkontrollen und Häfen wurden umgangen, indem angeblich Beamte bestochen wurden.
“Tío Rico” wurde am 10. Februar 2023 in Rio de Janeiro (Brasilien) verhaftet und Tage später an Paraguay ausgeliefert.
Sebastián Marset erscheint auf der Bildfläche
Der Fortschritt der von “A Ultranza Py” geführten Ermittlungen ermöglichte die Entdeckung eines neuen wichtigen Elements in dieser Struktur. Es ist der Uruguayer Sebastián Marset Cabrera. Er kam 2020 in unser Land, um sich Deportivo Capiatá als Fußballspieler anzuschließen.
Die Anti-Drogen-Ermittlungen ergaben jedoch später, dass Marset in Wirklichkeit der mutmaßliche Anführer eines transkontinentalen Komplotts war, das sich dem Kokainhandel und der Geldwäsche widmete, und dass er wichtige Verbindungen zu Mitgliedern des “Clan Insfrán” hatte.
Den Ermittlungen zufolge kontrollierte Marset die Verschiffung großer Mengen Kokain von Paraguay nach Europa über den Hafen von Montevideo (Uruguay), wie im Falle der 16 Tonnen, die im Februar letzten Jahres im Hamburger Hafen (Deutschland) ankamen.
Um einer Entdeckung zu entgehen, floh Marset mit seiner Frau Gianina García Troche und seinen drei Kindern nach Bolivien, wo er ebenfalls eine kriminelle Struktur unterhält.
Andere bekannte Fälle
Der Fall von Cristian Turrini Ayala und Alberto Ayala Jacquet als mutmaßliche Urheber der Mega-Ladung von 2.906 Kilo Kokain, die 2020 in Säcken mit Holzkohle getarnt im Hafen von Villeta ankam. Den Ermittlungen zufolge sollten die Drogen über die Firma “Tres A” nach Belgien und von dort nach Israel verschickt werden.
Hinzu kommt das im Jahr 2021 eingeleitete Gerichtsverfahren gegen Juan José Dubini Verdún und seinen Vater Juan José Dubini Franco wegen des “Falles Cali”. Beide werden wegen des versuchten Versands von 3.418 Kg Kokain angeklagt, das in Zuckersäcken in Fernando de la Mora sichergestellt wurde.
Hinzu kommt der Fall des Sportführers Diego Isaac Benítez Cañete, dessen Verhaftung von der paraguayischen Justiz im Rahmen der Operation “Atlántico Norte” wegen des Versands mehrerer Tonnen Kokain in Farbdosen nach Europa beantragt wurde. Benítez wurde im Juni 2022 in Dubai (Vereinigte Arabische Emirate) verhaftet, aber seine Auslieferung an Paraguay steht noch aus.
Ausdehnung auf das gesamte Staatsgebiet
Paraguay ist nicht nur der wichtigste Marihuanaproduzent in der Region, sondern hat sich auch von einem reinen Transitland für Kokain aus Bolivien, Kolumbien und Peru zu einem Zentrum für die Lagerung, den Vertrieb und die Ausfuhr der Droge nach Europa und auf andere Kontinente entwickelt.
Die fehlende Kontrolle in einigen Regionen des Landes, vor allem im Alto Chaco, begünstigt den Schmuggel großer Mengen Kokain aus Bolivien, Peru und Kolumbien zur Lagerung und zum Export aus der Luft.
Beteiligung von Geschäftsleuten
An der Bildung einer mächtigen Struktur für den Handel mit Kokain in großen Mengen im Ausland sind mehrere Geschäftsleute des Exportsektors direkt oder indirekt beteiligt, indem sie ihre Waren für die Mimetisierung der Droge verwenden.
Eine von Studenten der Universität Cambridge (VK) im Jahr 2023 durchgeführte Analyse hat die Verbindungen zwischen dem Drogenhandel und den oberen Rängen der politischen und wirtschaftlichen Sphären in Paraguay und anderen südamerikanischen Ländern aufgezeigt.
Ausbreitung von Drogenkartellen
Der Kampf um die Kontrolle des Kokainhandels durch große kriminelle Organisationen brasilianischen Ursprungs, wie das Erste Hauptstadtkommando (PCC) und das Rote Kommando (Comando Vermelho), hält die Bevölkerung in den so genannten “roten Zonen” in Atem.
Bestechung von Polizei und Drogenhändlern
Diejenigen, die als “große Fische” im groß angelegten Drogenhandel und auch im Kleinsthandel gelten, greifen auf die Bestechung von Mitgliedern der Nationalen Polizei, des Senad und von Gefängnisbeamten zurück, um sicherzustellen, dass die an sie geschickten Drogen ihren endgültigen Bestimmungsort erreichen.
Die Verhaftung von “Cucho” Cabaña
Die Verhaftung von Reinaldo Javier “Cucho” Cabaña Santacruz in Alto Paraná führte zur Aufdeckung mehrerer Verbindungen, die mit der Struktur des Drogenhandels in dieser Grenzregion zusammenhängen. Laut Anklage der Staatsanwaltschaft hat die von Cucho Cabaña geleitete Organisation Kokainlieferungen aus Peru oder Bolivien nach Paraguay eingeschleust, die anschließend nach Alto Paraná transportiert wurden, um schließlich nach Brasilien zu gelangen.
Zu den zahlreichen Personen, die der Organisation angehören sollen und von der Staatsanwaltschaft angeklagt wurden, gehört auch der Kongressabgeordnete Ulises Quintana aus Colorado, dessen Wahlkampf laut Anklageschrift von seinem Mitangeklagten finanziert worden sein soll.
Gegen Cabaña Santacruz erhebt die Staatsanwaltschaft Anklage wegen angeblichen internationalen Drogenhandels und -handels, krimineller Vereinigung und Geldwäsche; gegen Ulises Quintana wegen angeblicher krimineller Vereinigung mit dem Drogengesetz und angeblicher Geldwäsche im Zusammenhang mit dem Drogenhandel.
Operationen an der “trockenen Grenze”
Die von den paraguayischen und brasilianischen Sicherheitskräften gemeinsam durchgeführten Operationen in den Departements Amambay und Canindeyú führten zur Ausrottung ausgedehnter Marihuanaplantagen und zu Millionenverlusten bei den Drogenhändlern.
Bekämpfung des Kleinstschmuggels
Sowohl die Senad als auch Agenten der Anti-Drogen-Abteilung der Nationalen Polizei führen täglich Operationen in den so genannten “sensiblen Gebieten” der städtischen Zentren durch, um den Mikro-Drogenhandel zu kontrollieren oder zu unterbinden.
Die interinstitutionelle Zusammenarbeit bei der Bildung von Arbeitsteams, an denen sowohl nationale als auch internationale Einrichtungen beteiligt sind, hat es ermöglicht, die mächtigen kriminellen Strukturen, die in dem Gebiet operieren, schnell zu zerschlagen.
Die wichtigsten Herausforderungen
Der Kampf gegen den Drogenhandel und die damit verbundene Kriminalität stellt eine große Herausforderung für die Regierung dar, die Santiago Peña morgen antreten wird. Die Einrichtung von Zentren für die Lagerung, den Vertrieb und die illegale Ausfuhr großer Mengen Kokain in andere Teile der Welt, insbesondere nach Europa, könnte die internationalen Beziehungen in gewisser Weise beeinträchtigen, wenn die Regierung nicht aktiv zur Bekämpfung dieses Problems beiträgt.
Sie sollte auch auf die Zusammenarbeit mit Brasilien bei der Ausrottung der Marihuanapflanzen in den nördlichen Departements der Ostregion und bei der Bekämpfung krimineller Organisationen bestehen, die auf dem Staatsgebiet stark vertreten sind, wie z.B. das Erste Hauptstadtkommando (PCC) und das Rote Kommando (Comando Vermelho).
Außerdem muss sie energisch gegen den Kleinsthandel mit Marihuana, Crack und Kokain in den Armenvierteln vorgehen, die immer wieder Schauplatz bewaffneter Auseinandersetzungen zwischen Banden sind.
Wochenblatt / Abc Color
DerEulenspiegel
Wenn weder Werte, Moral noch ein Rechts/Unrechtsbewußtsein vorhanden, statt dessen nur blankes, primitives Macht- und Geldstreben, Lügen und Betrügen, dann ist der Boden gut vorbereitet für Verbrechen und Kriminalität aller Art. Die schon immer weit verbreitete Korruption in allen Lebensbereichen, im Großen wie im Kleinen,quer durch alle Gesellschaftsschichten, ist dann nur noch der Humus auf dem all diese dreckigen und teuflischen “Geschäfte” gut gedeihen können, ja sogar müssen. Nicht umsonst drängen immer mehr internationale Drogenbanden auf den paraguayischen Markt. Die Politik, so scheint es, schaut beinahe teilsnahmslos zu. Jeder kann sich darauf seinen Reim machen!
DerEulenspiegel
Wer einen Blick in die Zukunft Paraguays werfen möchte, blicke einfach mal auf Ecuador.
Gamma Ray
Es ist ungeheuer deprimierend zu sehen, wie Paraguay zu einem Drogenloch verkommt. Die nächste Kokain-Ladung aus Paraguay in Europa ist nur eine Frage der Zeit. Ganz und gar unentdeckt bleibt die Menge X in Diplomatencontainern auf der ganzen Welt. Das ist eben ein extrem lukratives Geschäft für all jene, die in Paraguay was zu sagen haben.
Mir ist das ja fast schon egal, ob die Politverbrecher noch reicher werden, nur zerstört dieses Dreckszeug Menschenleben und dient auch als Erpressungsmittel. Wenn soviel Schnee im Umaluf ist, hat es beispielsweise auch die Polizei welches man auf Anweisung von oben gegen politische Gegner gezielt einsetzen kann.
Hausdurchsuchung wegen Verdacht wegen irgendwas – und, huch, hat man im Garten plötzlich sowas verbuddelt.
Klammeraffe Muss
Vor zwei Jahren wurden in Antwerpo 9 t Kokain, in Amburgo 16 t Kokain vom Zoll gefunden. Erst kürzlich noch einmal 10 t Kokain wieder in Amburgo. Dat macht dann 35 t. Aus dem Artikel kommen ja noch ein paar kleinere Lieferungen dazu.
Deutsch-Paraguayo
Die Nummer eins im weltweiten Drogenhandel sind die USA. Paraguay wird als Durchgangsstation missbraucht. Mich würde interessieren, was auf den riesigen Ländereien in Paraguay passiert, die US-Persönlichkeiten gehören. Zum Beispiel auf dem Land von Ex-Präsident George W. Bush, wo auch Angela Merkel ein Stück Land hat. Wenn man daran denkt, wie die Amerikaner das Opiumgeschäft in Afghanistan betrieben haben, dann könnte es durchaus sein, dass sich auf von den USA kontrolliertem Land mitten in Paraguay das Lager-, Verteilungs- und Exportzentrum für Kokain befindet.