Der paraguayische Buchmarkt

Der paraguayische Buchmarkt zeichnet sich vor allem durch eine nicht nur von der Einwohnerzahl her kleine Marktgröße aus. Vor allem das geringe Pro-Kopf-Einkommen und das niedrige Bildungsniveau der Mehrheit der Bevölkerung führen dazu, dass es nur eine geringe Anzahl Verlagshäuser und sehr wenig Neuerscheinungen pro Jahr bei gleichzeitig hohen Verkaufspreisen der Bücher gibt.

Die spanische Botschaft, die den paraguayischen Buchmarkt regelmäßig für die eigene Wirtschaft analysiert, für die Paraguay ein wichtiger Kunde ist, schätzt die Anzahl der regelmäßigen Buchleser seit Jahren auf nur rund 15.000 Personen! Das bedeutet, dass weniger als ein halbes Prozent der Paraguayer gewohnt ist, ein Buch zu lesen oder zumindest zu kaufen! Die Botschaftsanalysen bemängeln darüber hinaus den nach wie vor hohen Anteil an Piraterie im Markt, bei dem sogar Verlage das Copyright nicht beachteten und Übersetzungen ausländischer Titel im eigenen Imprint herausgeben.

Nach Schätzungen des CERLALC (Centro Regional para el Fomento del Libro en América Latina y el Caribe), das unter der Schirmherrschaft der UNESCO steht, werden jährlich nur 865 (Stand 2013) neue Titel in Paraguay mit ISBN-Nummer publiziert. Damit steht Paraguay in Lateinamerika an viertletzter Stelle. Weniger Neuerscheinungen – prozentual auf die Bevölkerung bezogen – kommen nur in El Salvador, Honduras, Nicaragua und Venezuela auf den Markt. Verglichen mit wirtschaftlich und literarisch weiter entwickelten Ländern verdeutlicht ein Beispiel mit dem auf Einwohner bezogenen ähnlich großen Dänemark diese Zahlen: Dort kommen jährlich 10.000 neue Titel auf den Markt, d.h. 1,75 Neuerscheinungen pro 1.000 Einwohner im Vergleich zu 0,13 in Paraguay.

Eigene paraguayische Titel sind vor allem in den Bereichen Geschichte, Schulbuch und bodenständige Belletristik zu finden. Andere Titel, insbesondere Sach- und Wörterbücher, werden gewöhnlich aus den spanischsprachigen Nachbarländern und Spanien importiert. Argentinien und Spanien machen hier zusammengenommen einen Importanteil von 58 Prozent aus. Die Gesamtimporte für den Buchmarkt beliefen sich 2013 auf 13,6 Millionen USD, denen Buchexporte von lediglich 563.000 USD gegenüberstanden. Zu den größten und bekanntesten Importeuren in Paraguay, die oft auch als Einzelhändler agieren, gehören Oceano, Quijote, Books SRL oder El Lector. Der paraguayische Buchmarkt ist dabei so klein, dass sogar die Europäische Botschaft mit einem Importvolumen von 13.000 USD vor einigen Jahren unter den Top 35 Importeuren war.

Immerhin gibt es seit 1993 den Branchenverband CAPEL (Cámera Paraguaya de Editores, Libreros y Asociados) mit heutzutage rund 50 Mitgliedern, die seit 1994 auch Buchmessen (Libroferias) durchführt. Die größte findet jährlich mit rund 60.000 Besuchern und fast 50 Ausstellern in Asunción statt, wo auch die höchste Nachfrage nach Büchern besteht. Es gibt jedoch auch kleinere Ableger der Messe, beispielsweise in Villarrica, Coronel Oviedo, Caaguazu oder Encarnación. CAPEL bemüht sich auch, paraguayische Literatur international vorzustellen, so unter anderem auf den führenden Buchmessen in Buenos Aires für Lateinamerika und in Frankfurt. Dennoch ist der Erfolg bislang eher gering.

Während der 2005 verstorbene bekannteste paraguayische Autor Augusto Roa Bastos mit mehreren Titeln auch ins deutsche übersetzt wurde, ist dies bislang bei den bekanntesten lebenden Autoren wie Nelson Aguilera, Renée Ferrer oder Susy Delgado nicht der Fall. Dabei gibt es neben diesen Belletristikautoren zahlreiche weitere Autoren und Titel, die in Paraguay in Eigenregie und bei lokalen Druckereien ohne ISBN-Registrierung und ohne internationale Vertriebsanbindung geschweige denn Eintragung in Verzeichnisse lieferbarer Bücher herausgegeben werden. Dadurch gehen viele sehr interessante Inhalte für ein größeres Publikum verloren.

Foto: Hugo.arg

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5 Kommentare zu “Der paraguayische Buchmarkt

  1. Das stimmt doch alles gar nicht. Hier gibt es sehr viele regelmäßige Buchleser. Diese lesen nämlich sehr regelmäßig immer im gleichen Buch die gleichen Zeilen: Die Bibel ;-(

    Aber mal “Spaß” beiseite. Diesbezüglich ist es wirklich sehr traurig hier. Und man sollte das Nichtlesen nicht am geringen Einkommen festmachen. Es gibt mittlerweile auch hier eine Mittelschicht, die über ausreichend finanzielle Mittel verfügt.
    Aber wenn man eine 40-jährige Lehrerin an einem Collegio fragt, ob sie weiß, wer Goethe oder Schiller waren und einen Blick als Antwort erhält, als ob ich gerade nach der Schöpfung des Universums gefragt hätte oder wie viele Ameisen im Garten herumkrabbeln – dann sagt dies alles.
    Niedriges Bildungniveau – OK, aber gepaart mit total überheblicher Ignoranz.

      1. Hier geht es nicht um “irgendwelche” Dichter und Denker – hier ging es um Goethe und Schiller, um Weltliteratur. Ich sprach auch nicht mit einem Hilfsarbeiter oder Bauern sondern mit einer Lehrerin, die seit 20 Jahren im Schuldienst ist, sogar im Colegio. Ich war in vielen Ländern der Erde, auch sehr armen Ländern. Goethe war überall zumindest bekannt. Hier kennt man ja nicht einmal Bastos – oder wenn man den Namen schon einmal gehört hat, dann hat man aber nichts von ihm gelesen.

  2. Die “Librerías” sind Ramschläden voller Plastikspielzeug, im hintersten Winkel findet man mit etwas Glück ein wackliges Regal mit verstaubten Büchern von denen die meisten Schulbücher sind.
    Kinderbücher gibt es auch kaum, und wenn, dann sind es ein paar Seiten mit bunten Bildern und kaum Text.

    In Asunción findet man zwar richtige Buchläden, aber auch da ist das Angebot mehr als mager.
    Dazu kommen noch Bücher in guarani, alles schön und gut, aber die Allermeisten können diese Sprache ja noch nicht mal richtig sprechen, geschweige denn lesen.
    Und genauso sieht es mit dem Castellano aus.

    Wie schon im Artikel beschrieben sind auch die Preise jenseits von Gut und Böse, jedenfalls für den Normalverdienenr.
    Wer 50 000 Gs pro Tag verdient, kauft kein Buch für 160 000 Gs.

    Nicht zu vergessen, daß die meisten Schul- und Lehrbücher einfach fotokopiert werden, weil das billiger ist.

    Wer zuhause nicht mit Büchern in Berührung kommt, von den Eltern kein Vorbild bekommt, weil die selber auch nicht lesen, woher sollen Menschen Freude am Lesen bekommen ?
    Fernsehen, Tablet, Celular, am PC Ballerspiele machen, dafür brauchts keine Lesekompetenz mehr.

    Und das ist der Trend weltweit.

  3. Wie sollen die Paraguayer in Mehrheit auch Bücher lesen, wenn sie nicht einmal eine Gebrauchsanweisung lesen bzw. verstehen können? Ich habe dies schon sehr oft erlebt, daß selbst “gebildete” Paraguayer nicht fähgig sind eine Bauanleitung oder eine Gebrauchsanweisung zu verstehen. Anschließend fragen sie nach den banalsten Dingen, obwohl sie vor Gebrauch eines Gerätes/Maschine alles aus der Gebrauchsanweisung entnehmen konnten. Lesen muß eben auch gelernt sein – und das fängt in der Schule an. Was also vermitteln eigentlich die Lehrer in diesem Land?

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