Längst vergessen und doch existent

Sapucaí: Durch die Hallen der Lokomotiven-Instandsetzung des Ortes zu gehen und versuchen zu verstehen, wie hier früher gearbeitet wurde, ist wie eine Geschichte zu hören aus dem Mund eines älteren Mannes. Bei dem Besuch des „Eisenbahnfriedhofs in Sapucaí“ erfuhren wir zufällig, vom Sohn eines ehemaligen Arbeiters, wie die Schienen und Werkstatthallen entstanden.

Auf den Wunsch von Carlos Antonio López, dem damaligen Präsident des Landes, kauften seine Söhne in England Lokomotiven und Wagons, um den Zugverkehr in Paraguay zu injizieren. Die Früchte der europäischen Industrialisierung wurden nach Paraguay geliefert, wo der Bau der Bahn von Asunción aus in Richtung Paraguarí begonnen wurde. 1887 wurde ein 500 Mann starkes Kontingent italienischer Arbeiter nach Argentinien entsandt, um da Eisenbahnstrecken zu errichten. Ein Teil dieser Italiener wurde nach Paraguay abgestellt und mit dem Bau der Anbindung „Paraguarí – Villarrica betraut“. Einer Nachfahre einer der Arbeiter, ein Eisenbahnliebhaber, gebrochen Deutsch sprechend und Ex Hitlerjugendmitglied wurde von seinen Enkeln an den Ort gebracht, um in Erinnerungen zu schwelgen.

1857 fährt das erste Mal eine Lokomotive durch die paraguayische Hauptstadt, die Dampflok Asunción. Bis 1865 war die Strecke über den Botanischen Garten, Luque, Ypacaraí, Cerro Leon bis nach Paraguarí ausgebaut. Danach brachte der Triple Allianz Krieg die Bahn zum Stillstand. Bis 1913, nachdem die Bahn mehrmals seine Eigentümer wechselte und schlussendlich sich Paraguay Central Railway Company (F.C.C.P.) nannte und nach England verkauft wurde, führte die Strecke über Villarrica bis nach Encarnación, im Süden des Landes.

Der verlorene Tripel Allianz Krieg sorgte dafür, dass alle Lokomotiven sowie Waggons von den Siegermächten abtransportiert wurden. Ab 1898 wurde das teilwiese zerstörte Streckennetz wieder aufgebaut, danach 23 neue Dampfloks gekauft, und der Betrieb wieder aufgenommen. Erst in dieser Epoche wurde Sapucaí zur richtig wichtigen Werkstatt, für die fast zwei Dutzend Lokomotiven. Große Wasservorkommen zum Kühlen der Maschinen, waren dafür Grundvoraussetzungen.

Im Jahr 1914 gab es eine Rezession im Nachbarland Argentinien. Der Miteigentümer der Bahn, der Amerikaner Percival Farquhar, sah eine rosige Zukunft welche sich schlagartig wandelte. Es ging bergab, Investitionen konnten nicht mehr getätigt werden und im Jahr 1930 wurde der Verkehr durch den Chacokrieg erneut unterbrochen.

Keine 30 Jahre länger konnte sich die Gesellschaft halten, dann war sie dem Bankrott sehr nah. Die Diktatur des deutschstämmigen General Alfredo Stroessner, sorgte zwei Jahre später, 1961 für den Rückkauf in staatliche Hand. 100 Jahre nach dem Beginn kehrte sie paraguayische Bahn in den staatlichen Schoss zurück. Ab nun wurde in mit einer weiteren Rauszögerungstaktik die Bahn auf „Ferrocaril Presidente Carlos Antonio López“ (F.C.P.C.A.L.) umbenannt. Durch Einstellungen von Streckennetzen und Unpünktlichkeit verlor die Mehrheit der Einwohner das Vertrauen in das veraltete Verkehrsmittel.

Laut Angaben der immer noch existenten staatlichen Bahngesellschaft wurde 1991, das letzte Mal ernsthaft Personenverkehr betrieben. Für Liebhaber der alten „Schnaufer“ ist dieses Freilichtmuseum etwas unerklärlich Schönes, wenn die Stimmung auch etwas drücken kann, da hier wirklich alles zum Stillstand gekommen ist.

Dank der neuen Verbindungsstraße zwischen Paraguarí und Villarrica steht einem Besuch des Museums nichts mehr im Weg. Sapucaí trennt 22 km von Paraguarí.

(Wochenblatt / Jan Päßler)

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4 Kommentare zu “Längst vergessen und doch existent

  1. Heute habe ich meinen Nicknamen zu unrecht.
    Zustimmendes Kopfnicken wäre passender. Ich habe mir die alten Anlagen und Maschinen schon vor über einem Jahr angesehen und bin noch immer begeistert. Leider bekommt man hier in Paraguay nicht genug Eisenbahnbegeisterte zusammen um einen Verein für den Erhalt diesen Relikts der Vergangenheit zu gründen. Ich möchte aber dem Autor diesen Artikels für diese erstklssische Berichterstattung und die wunderschönen Bilder herzlich danken. In der Hoffnung das der Eine oder Andere sich jetzt auch für die Eisenbahn und deren Geschichte in Paraguay interessiert.

  2. Wir waren auch vor ein paar Monaten dort. Und ich muss sagen das ist immer einen Ausflug wert. Hier unser Bericht und einige Bilder:
    http://www.paraguay24.de/2010/12/30/letzter-halt-in-sapucai-im-departement-paraguari

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