Abholzung des Chaco für mehr Leder

Urwälder des südamerikanischen Kontinents sind aufgrund verschiedener Industrien seit längerem negativen Einflüssen ausgesetzt. Satellitenaufnahmen von diversen Umweltorganisationen zeigen, dass sich immer mehr Weideflächen für Rinder bilden – Grünflächen entwickeln sich mehr und mehr zur Rarität. Aktuellere Aufnahmen zeigen allerdings keine Bilder vom sonst so stark betroffenen Amazonas-Regenwald – sondern vom Chaco in Paraguay.

Bevor das Gebiet durch verschiedenste Industrien vereinnahmt wurde, handelte es sich um ein weitgehend unzugängliches Waldgebiet, welches Jaguaren und Indigenen Völkern als Zuhause diente. Die aktuellen Informationen, die von der britischen Umweltorganisation EarthSight gesammelt wurden, zeigen jedoch ein besorgniserregendes Bild. Fast fünfzig Prozent der Fläche sind mittlerweile gerodet. Die Abholzung sei allerdings nicht das einzige Problem. Grund dafür ist nämlich die Schaffung von Weideflächen für Rinder – dessen Haut anschließend als Leder verkauft wird.

Die immer schneller wachsende Entwaldung des Chaco steht somit in direktem Zusammenhang mit größeren Lederlieferungen nach Europa – wo es zur Verarbeitung diverser Möblierungen wie Couches, Sesselbezüge aber auch modernen Bürostühlen oder Sitzleder für Automodelle verarbeitet wird. Diese besorgniserregende Entwicklung konnte über eine jahrelange Operation von EarthSight in Erfahrung gebracht werden, sowohl mit offiziellen Anfragen als auch mit Undercover-Einsätzen. Dabei sind mehrere Parteien mit verantwortlich. Zusätzlich zu den italienischen Lederlieferanten ist beispielsweise auch eine Ranch, die auf dem Indigenengebiet des Chaco mit Bulldozern Gelände für sich markiert, wesentlich an der Entwicklung beteiligt.

Die Zahlen, welche EarthSight unter anderem durch die Nichtregierungsorganisation Guyra aus Paraguay erhielt, werden als beunruhigend eingestuft. Zwischen 200.000 und 300.000 Hektar des Chaco würden jährlich gerodet werden – ein Viertel davon ohne legale Zustimmung. Auch in Bezug auf die Rinder seien die gesammelten Daten laut EarthSight nicht weniger beunruhigend. In nur einer einzigen Schlachtfabrik würden täglich im Schnitt 1.200 Rinder geschlachtet werden. Hier werden zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Abgesehen von Leder wird hier auch Rindfleisch gewonnen, bei welchem Paraguay mit jährlichen Umsätzen in Milliardenhöhe zu den größten Exporteuren gehört.

Um mehr Licht ins Dunkel zu bringen, recherchierte EarthSight auch in Richtung jener Unternehmen, die am meisten von den Exporten profitieren würden. Neben den Firmen Pasubio und Grupo Mastrotto fand sich auch ein weltweit großer Name wieder. Ferdinand Kehler, Chef des paraguayischen Exportunternehmens Cencoprod, bestätigte dass ein Großteil des Leder an einen großen, deutschen Autohersteller geliefert wird – im speziellen für Modelle der BMW-X5er Reihe. Auf eine Anfrage von EarthSight wurde dies vonseiten BMWs auch bestätigt.

Eine Lösung des Problem würde laut EarthSight ein neues Liefergesetz bringen, welches in Politkerkreisen schon seit längerem für Diskussionen sorgt. Unternehmen wären verpflichtet, genauer auf die Erfüllung von Menschenrechts- und Umweltstandards zu achten – so könnte die immer stärker fortschreitende Entwaldung des Chaco stoppen. Autokonzerne und andere betroffene Unternehmen gehen allerdings dagegen vor, da es laut deren Angaben Belastungen der Wirtschaft mit sich bringen würde. Die Gerbereien in Paraguay, sprich die Verarbeiter des Leders, bestätigten ebenfalls, dass vor Ort kein Interesse für ein Nachverfolgungssystem bestünde. Würden Käufer wie BMW darauf bestehen, würden sie eine Umsetzung willkommen heißen.

CC
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