Andreas Schneider: Wirtschaftskriminalität bleibt ungestraft in Paraguay

Asunción: White-collar crimes oder Wirtschaftsdelikte wie Betrug, Falschbilanzierung, Geldwäsche, Insiderhandel, Insolvenzdelikte, Korruption, Unterschlagung oder Untreue bleiben in Paraguay meist ohne Strafe.

Andreas Schneider, ein deutscher Spezialist in der Sparte Risikomanagement, lebt schon seit 15 Jahren in Paraguay und untersuchte in dem Zeitraum Anzeigen zu Wirtschaftskriminalität aus den zurückliegenden Jahren. Laut seiner Einschätzung nehmen die Fälle immer mehr zu während die Täter meist straffrei ausgehen. Dies kann bei weiterem Anstieg auch der Bevölkerung treffen, so wie in der Vergangenheit in den Nachbarländern Argentinien und Brasilien.

Weshalb haben sie solch ein Interesse an White-collar crimes in Paraguay?

Es ist ein unerforschtes Thema in diesem Land. Meine Spezialität ist Risikomanagement, mit Abschluss aus Deutschland. Ich lebe seit 15 Jahren in Paraguay und befasse mich mit finanziellen Ermittlungen. Ich gebe zu, dass es nicht leicht war an die Daten der Staatsanwaltschaft zu kommen. Einen Teil meiner Arbeit habe habe ich in Europa veröffentlicht (“Innovative issues and Approaches in Social Media Sciences”, volumen 10, Nº 2, unter dem Titel “Crímenes de cuello blanco: evidencias desde Paraguay”). Es wurde ein Model kreiert, welches Prognosen für diese Verbrechen abgeben kann.

Welche Verbrechen sind das denn?

Diese sind sehr breit gestaffelt. Wir sprechen von gewaltfreien Verbrechen, etwas anderes als auf der Straße ausgeraubt zu werden. Es ist schwer zu verstehen aber es ist schadhafter und bringt viele Opfer mit sich. Es handelt sich um Korruption, Betrug, Untreue, Steuerhinterziehung usw.

Kann man vorhersagen wie viele Wirtschaftsverbrechen begangen werden?

Man kann alles prognostizieren. Es ist ein Werkzeug der Ökonometrie, welches adaptiert werden musste. Das habe ich getan. Auf Basis meiner Untersuchungen habe ich die Delikte bzw. Straftaten für 2017 prognostiziert. Es hat gut funktioniert.

Zusammengefasst steigt die Anzahl von Jahr zu Jahr

Von 2000 bis 2016 nahmen die Verbrechen gegen das Eigentum anderer um 800% zu. Der Höchststand wurde 2015 erreicht. Betrugsdelikte stiegen um mehr als 900%. In 2017 ging die Anzahl nur geringfügig um 5% zurück.

Sind die staatlichen Institutionen für einen Kampf dagegen gewappnet?

Die Spezialeinheit der Staatsanwaltschaft für Wirtschaftsverbrechen ist klein und hat nur limitierten Einfluss. Mehr als der Großraum Asunción kann nicht abgedeckt werden. Es hängt viel vom Willen des Staatsanwaltes oder den Befehlen des Generalstaatsanwaltes ab, etwas zu untersuchen. Wenn von da nichts kommt, bewegt sich auch nichts. Wahrscheinlich ist einer der Gründe warum die Anzahl der Straftaten weiterhin steigt, der, dass es kaum Spezialisten auf dem gebiet gibt.

Geht es um viel Geld?

Es geht jedes Mal um noch höhere Summen, doch die Justiz bekommt nicht die Verantwortlichen zu greifen. Selbst wenn sie ins Gefängnis kommen, sind sie im Handumdrehen wieder draußen. Das ist der schwächste Teil der Staatsanwaltschaft und der Judikative. Es wird niemand bestraft.

Wer sind denn normalerweise die Opfer?

Dies können Personen, Unternehmen oder der Staat sein, wenn es sich um Steuerhinterziehung handelt.

Welche Personengruppe ist am meisten in dem Metier tätig: Politiker, Unternehmer, staatliche Angestellte, einfache Arbeitnehmer oder Privatpersonen?

Alle diese Gruppen, die sie aufgeführt haben, haben eines gemeinsam. Es sind Personen mit respektablem Aussehen, bekannt in der Community, toleriert. Keiner wahrt Distanz zu ihnen, da keiner dafür ins Gefängnis geht. Obwohl es mehr Schaden anrichtet als ein normaler Raub kommen die Verantwortlichen meist davon, weil sie auf wichtigen Posten sitzen und sich gebildet benehmen.

Sind das Menschen aus der High Society, sind sie intelligent?

Normalerweise sind sie nicht arm. Haben eine gute Ausbildung, ob sie intelligent sind weiß ich nicht. Um auf ihren Posten zu kommen mussten sie eine Ausbildung und Karriere machen. Es sind einflussreiche Menschen, mit Macht solche Verbrechen zu begehen, sei es in einem Staatsbetrieb, einer Bank, einem Finanzinstitut, einer kooperative oder einem Unternehmen.

Lesen Sie das ganze Interview in Spanisch hier.

Wochenblatt / Abc Color

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11 Kommentare zu “Andreas Schneider: Wirtschaftskriminalität bleibt ungestraft in Paraguay

  1. Interessant, dass ein Deutscher dies “enthüllt”. Eigentlich weiss es sowieso jeder in Paraguay. Und weil es jeder weiss, handelt auch (fast) jeder so, der Macht und Monetas hat. Damit kann man alles anstellen, was man will!

  2. Wie ich sage Ellenbogenkapitalismus. Wenn der Staat überhaupt nicht funktioniert dann kommt es so und es kann da jeden treffen. Perfekt funktioniert es ja leider nirgends, aber Paraguay ist einer der hoffnungslosesten Fälle.

  3. Wirtschaftskriminalität findet sich hauptsächlich in staatlichen Unternehmen und bei Politikern. Dies ist wohl weltweit so. Flugplatz Berlin der nie fertig wird in Deutschland oder die Milliarden die im US Verteidigungsministerium fehlen. Da ist Paraguay nur eine kleine Leuchte unter den Großen der „westlichen Wertegemeinschaft.“
    Dass diese nicht gerne verfolgt wird dürfte wohl auf der Hand liegen. Dies traut sich aber der Experte nicht deutlich zu sagen. Wie heißt es so schön: „ Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus“.

    1. @Ramon, das ist keine spezielle Eigenschaft der “westlichen Wertegemeinschaft”. Das wäre blauäugig anzunehmen. In Diktaturen ist es noch viel schlimmer. Wie heißt es doch: “Politik verdirbt den Charakter”. Sobald die Politiker den Geruch der Macht gerochen haben, verändern sie sich zusehends in´s Negative. Es gibt eben leider nur selten Idealisten und ehrliche Menschen im Politikbetrieb. Fast alle sind käuflich und was das Volk will, interessiert schon überhaupt niemand in dieser “ehrenwerten Gesellschaft”. Siehe Frau Merkel – ein Aufstieg vom “Heimchen am Herd” und Kohls Mädchen zur “freundlichen Diktatorin” Deutschlands, die ein ganzes Volk verrät und verkauft.

  4. Der Mann hat keinen leichten Job. Immerhin ist stets mit einer Klage wegen Verleumdung zu rechnen. Es kann nur auf den Tisch kommen, was beweisbar ist, und Vieles wird eben schon so angeteigt, dass es schwer wird irgend etwas zu beweisen.
    In Europa wird Wirtschaftskriminalität in Wirtschaft sicher geahndet, im Politik und Beamtenfilz wird geschwiegen, gelogen, nichts getan.
    Sobald durch Medien Funktionäre im Staatsdienst überführt werden wird geschwiegen, gelogen, nichts getan, soviel zur unabhängigen Exekutiven (Polizei) und der Judikativen. Weder Polizei noch Gerichte verdienen daran, also ist es keine Korruption. Also wie hierzulande.
    1. Beispiel: Jahrelange Geldwäsche für Internet- und Telefonbetrüger (Dialers, Malvorlagen für Kinder zu 50 Euro pro Minute, Mehrwertnummern 0900-…etc.) mittels Erpressung, Nötigung, gewerbsmäßigem Betrug (Abschaltung des Anschlusses dank Monopol der “letzten Meile”) und gut an der Kooperation der Kriminellen verdienenden (13% an den Mehrwertdiensten) durch pseudo-liberalisierte Telekommfirmen (man muss nur schauen, wer hinter solch privatisierten Firmen heute immer noch Hauptaktionär ist).
    2. Beispiel: Milliarden-Verlochung an Steuergelder, indem unbescholtene Bürger willkürlich und gesetzwidrig überwacht werden, statt effizient und kostenschonend Verdachtsmomenten nachgegangen. Während die Franziskaner von NSA und BND am Bildschirm Penisbilder am anschauen waren, wurden Terroranschläge verübt. Eine Mitschuld wäre jedoch eine infame Unterstellung.
    Unter dem Strich dürften in Europa mehr Millionen Euro in der Korruption fließen als hier Guaranies. Aber wo man nichts finden will, dort findet man auch nichts.

  5. Aber genau aus diesem Grund fühlen sich einige Ausländer hier Wohl. Sie können nach Herzenslust ihre Landsleute betrügen,berauben und erpressen, ohne mit Repressalien rechnen zu müssen. Im Notfall werden mit ein paar Guaranis
    die Angelegenheit aus der Welt geschafft.
    Ich hatte mal ein Gespräch mit einem angesehenen Richter in Asuncion. Er vertrat die Meinung, das Probleme mit Ausländern unter sich keine Beachtung geschenkt wird, dass sollen sie unter sich aus machen. Nach seiner Erfahrung sind z.B. ca. 90% der Ausländer von ihren eigenen Landsleuten schon einmal betrogen worden. Die Restlichen 10% sind die Betrüger.
    Aber, wen interessiert das schon ?

    1. Zehn Prozent der Ausländer wären Betrüger an ihren eigenen Landsleuten? Ich schätze eher 50 – 60%. Wenn ich allein schon erlebe in welch widerwärtigem und beleidigenden Ton die lieben Landsleute mit einander umgehen und das gleichzeitig als Messlatte nehme, dann liege ich mit meiner Schätzung sicher nicht zu hoch.

      1. @Simplicus
        Gerhard hat schon Recht mit ca. 10% Betrügern. Die 10% sind sich sicher das nichts passiert und Betrügen weiter.
        Sehe dich auf den Einschlägigen Seiten um,wer wenn abzieht und durch den Kakao zieht
        Probleme mit Ausländern unter sich keine Beachtung geschenkt wird, dass sollen sie unter sich aus machen.
        Das machen die Ausländer nicht,das wissen die Gauner. Sind Paraguayer betroffen kann es auch mal Böse ausgehen,das sind sie etwas vorsichtiger. Da werden so einige Rechnungen sehr schnell beglichen!
        Nur diese Gauner machen mehr Wind als die Mehrheit.
        Das Mundwerk ist bei einigen nicht so vornehm gewaschen.Die feine englische Art ist unbekannt. Der widerwärtige und beleidigenden Ton einiger Landsleute, das ist eine Frage der Erziehung, der Bevölkerungsschicht.Des Neides,sie Giften und wollen Zeigen was sie alles gebracht haben, die anderen sind halt Ar……löscher.Mehr Schein als Sein!Sie Hetzen gegen alles und jeden machen viele auch in Deutschland nicht nur in Paraguay. Je nach Stimmungslage!Das ist nicht die Messlatte bei Betrug/ Kriminalität.

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