Die Armen zahlen die Steuern

Asunción: Letzte Woche stand im Mittelpunkt der Debatte um zwei sehr sensible Themen für die Volkswirtschaft, die Realwirtschaft. Erstens berichtete die Zentralbank von Paraguay (BCP), dass die Preise für Komponenten des Basiskorbs nur steigen, insbesondere für Lebensmittel und zweitens ist die Abzugsfähigkeit der Mehrwertsteuer bei Einkäufen in Supermärkten für Steuerpflichtige ein umstrittener Dorn im Auge vieler Bürger.

Um die Ungereimtheit nicht durchgehen zu lassen: Aus dem Finanzministerium heraus verteidigen sie, dass Fortschritte bei der Steuergerechtigkeit gemacht werden sollten. In diesem Sinne wäre es nicht schlecht, den Mechanismus zur Festsetzung der Grundsteuer auf hochwertiges produktives Land, das heute eine lächerliche Summe (außerhalb der Marktpreise) ausmacht, zu überprüfen und die Ausstellung von Rechnungen von Einzelunternehmen zu fordern, die praktisch informell tätig sind. Schließlich schloss die Inflationsrate nach dem Preisanstieg in den letzten drei Monaten bei 0,9% und kumulierte in diesem Jahr bisher auf einen Wert von 3,6%; während die zwischenjährliche Inflation mit 5,6% den höchsten Wert seit sieben Jahren erreichte. Und die Ärmsten der Gesellschaft? Wie wirkt sich die Inflation auf sie aus?

Die Antworten der verschiedenen Wirtschaftsströmungen bieten eine spannende Debatte. Klassische liberale Ökonomen werden argumentieren, dass mit steigenden Preisen auch die Löhne in gleichem Maße erhöht werden. Daher ist keine Art von Intervention erforderlich, da der Markt am Ende eine Gleichgewichtssituation erreicht. Auf der gegenüberliegenden Seite stehen die Keynesianer. Wenn die Preise steigen, sinken die Reallöhne und die Arbeiter verlieren Kaufkraft. Bei nicht inflationsbereinigten Löhnen sinkt daher die gesamtwirtschaftliche Nachfrage und die Wirtschaftskraft geht zurück. Hier verteidigen die Keynesianer den öffentlichen Sektor, der seine Ausgaben erhöhen muss, um das Niveau der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage zu halten.

Abgesehen von der Debatte zwischen Keynesianern und Klassikern zahlen soziale Schichten mit weniger wirtschaftlichen Ressourcen auch weniger direkte Steuern (Einkommensteuer) oder können sogar Steuerbefreiungen in Anspruch nehmen. Aber die Inflation ist ein Phänomen, das sie nicht loswerden können. Inflation wird als “Armensteuer” bezeichnet, wenn die Preise über das Lohnniveau steigen.

Nehmen wir an, dass die Gehälter jedes Jahr um 8% steigen, die Inflation jedoch 12% beträgt. In diesem Fall schwindet die Kaufkraft derjenigen, die am wenigsten haben, von Jahr zu Jahr. Menschen mit geringerem Einkommen geben den Großteil ihres Einkommens für den Einkauf von Grundbedürfnissen. wie Nahrungsmitteln, aus. Wenn die Preise Jahr für Jahr weiter über die Löhne steigen, werden die weniger Wohlhabenden Schwierigkeiten haben, für ihr Überleben wichtigste Güter zu kaufen. Angesichts eines kontinuierlichen Kaufkraftverlusts wenden die niedrigsten Einkommen einen größeren Teil ihres Einkommens für den Kauf von Lebensmitteln auf. So fällt es Menschen mit geringem Einkommen schwer, ein Eigenheim zu kaufen, die Gesundheitsversorgung zu bezahlen oder ihre Freizeit zu genießen.

Wochenblatt / El Independiente / Beitragsbild Archiv

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4 Kommentare zu “Die Armen zahlen die Steuern

  1. Ich hatte zufaellig Daten einsehen koennen der Preise die der Milchbauer (Zulieferer der Marke) in Paraguay einer bekannten Marke erhaelt.
    Wirft man den Basispreis von 2019 in den Inflationsrechner so kommt heraus dass der Milchbauer all diese 3 Jahre keine Preiserhoehung erhalten hat – auch nicht als der Mindestlohn angehoben wurde. Also die Preise die der Milchliferant bekommt sind nicht mal inflationsbereinigt und sein Preis hat sich um Bruto 11% gesenkt.
    Von 2019 bis August 2021 erlebte Paraguay eine Inflation von 10.9% also fast 11% nach dem Rechner der Weltbank.
    https://calculadoradeinflacion.com/paraguay.html
    Nach dem Endpreis erhielt der Bauer nach Daten ab 2018 bis heute nicht mal ganz die Inflation bezahlt aber zum Endpreis (Basispreis + Verguetungen + Boni) kommt heute kaum noch ein Milchbauer da die Bedingungen so weit hochgeschraubt sind von den Molkereien dass er quasi nur den Basispreis erhaelt.
    Also selbst beim Endpreis verliert der Bauer an Kaufkraft da dieser nicht mal die Inflation und Geldabwertung von 11% wettmacht.
    Beim Basispreis verliert der Milchliferant (Bauer) von 2019 bis 2021 rund 11% an Preis denn er bekommt 2019 genau denselben Basispreis wie 2021 von den Molkereien bezahlt.
    Kein kluger Mensch macht heute noch auf Milchbetrieb und niemand recht bei Trost steigt heute ins Milchgeschaeft von der Bauernseite mehr ein. Es ist viel rentabler irgendwo in den Kooperativen angestellt zu sein oder eben vom Staat angestellt zu sein.
    Die Viehwirtschaft und Drogenwirtschaft sind natuerlich sehr rentabel.
    Den Milchbauern bleibt eigentlich nichts anderes uebrig als einen auf Huehnerzuechter zu machen denn das bedarf wenig Land und duerfte relative einfach sein (aehnlich der Viehzucht). Zudem duerften die Fleischpreise fuer Gefluegel auch von den Viehpreisen profitieren und mit denen relativ mitreiten. Fleisch ist Fleisch und in der Endzeit will der gottlose Mensch halt mehr Fleisch. Egal ob rotes Fleisch oder weisses Fleisch – hauptsache Fleisch. Beides ist ein win-win.
    Die Endverbraucherpreise fuer 1 Liter H-Milch war 2005 rund 2500 Gs/L, im Maerz 2018 rund 5111 Gs pro Liter und Maerz 2021 betrug er 5750 Gs/L.
    Preis Milch 2005: https://www.abc.com.py/edicion-impresa/economia/el-precio-de-la-leche-se-mantiene-estable-desde-hace-dos-anos-dicen-854964.html
    Preis H-Milch 2018: http://www.sedeco.gov.py/index.php/noticias/620?ccm_paging_p=15
    Preis H-Milch Maerz 2021: https://es.globalproductprices.com/Paraguay/milk_prices/
    Jetzt kommt der Hammer.
    Wenn sie den Milchpreis des Endverbrauchers von 2500 Gs/L im Jahre 2005 in den Inflationsrechner schmeissen so muesste 1 Liter Milch heute nach der Inflation 5842 Gs/L kosten und nicht 5750 Gs/L.
    Sie sehen also dass der Milchpreis netto gesunken ist fuer den Endverbraucher und mit weit mehr als 11% Verlust fuer den Milchbauern (Periode 2019-2021) in der gesamten Periode 2005-2021.
    https://es.globalproductprices.com/Paraguay/milk_prices/
    Jetzt kommt der Hammer: die durchschnittlichen Milchpreise in der Welt liegen bei 1.39 USD waehrend in Paraguay die Milchpreise bei 0.83 USD liegen – im Ausland sind die Milchpreise weit teurer als in Paraguay.
    In Paraguay kostet 1 Liter Milch 5727 Gs (0.83 USD) waehrend im Ausland 1 Liter Milch 9591 Gs kostet.
    Die niedrigen Milchpreise werden also in Paraguay auf dem Ruecken des Milchbauers ausgetragen.
    Niemand richtig im Kopf ist heute mehr Milchproduzent – wenigstens nicht am Ende der Hackordnung also als Milchbauer.
    Ich habe also jetzt recht klar bewiesen dass das Milchgeschaeft in Paraguay nur ein Verlustgeschaeft ist denn die Preise sind nicht mal mit der Inflation gestiegen weder fuer den Verbraucher noch viel weniger fuer den Milchproduzenten.
    Gibt es nicht bald Alternativen werden sehr schnell massenweise Milchbetriebe dichtmachen. Und das sind die die am meisten Arbeitsplaetze schaffen praktisch in laendlichen Gebieten in ganz Paraguay.
    Der Verbraucher muesste eigentlich 10000 Gs pro Liter Endpreis zahlen und der Milchbauer nach internationalen Durchschnittspreisen rund 3841 Gs mehr pro Liter bekommen als er es jetzt tut (9591 Gs/L – 5750 Gs/L = 3841 Gs/L Presidifferenz was der Bauer in Paraguay im Vergleich zu internationalen Milchpreisen zu wenig bekommt.
    Diese 3841 Gs/L sind etwa 200% hoeherer Preis den der paraguayische Bauer erhalten muesste.
    Also der auslaendische Milchbauer bekommt 200% mehr Preis als der paraguayische Milchbauer.
    Waehrend die Viehpreise geradezu sich verdoppelt haben.
    Wenn fuer Vacas y Toros 2018 rund 16.000 Gs/Kg gezahlt wurden so muessten die Preise inflationsbereinigt heute August 2021 bei rund 18.500 Gs/Kg liegen. Sie liegen aber bei 23.000 Gs/Kg fuer diese Kategorie.
    Sie sehen also dass sich die Viehpreise die der Bauern erhaelt um rund 200% erhoeht haben an der Inflation gemessen. Dieweil sich die Milchpreise die der Milchbauer erhaelt an der Inflation gemessen um rund 11% gesenkt haben.
    Niemand richtig im Kopf faengt heute noch einen Milchbetrieb an es sei denn es gibt eine Preiserhoehung von zwischen 500% bis 1500% fuer den Milchbauern. Der Milchbauer erhaelt heute 200% weniger Preis wie der internationale Milchbauer.
    Alle anderen Produkte steigen exponentiell waehrend die Preise des Milchbauern linear sinken und nicht mal mehr die Inflation decken.
    Diese Zahlen decken sich auch mit meinen Informationen dass so praktisch 90% der Milchbetriebe im Chaco nur noch aufgrund von laufenden Kreditlinien am laufen gehalten werden. Das ist immer ein Zeichen der chronischen Unrentabilitaet wegen zu niedrigen Preisen die der Bauer bekommt.
    Ihnen wird vom Bauern die Milch in Paraguay noch gratis hinterhergeschmissen dieweil der Bauer seinen Guertel immer enger schnallen muss und sich die Konsumenten immer fetter billig aufmaesten.
    So kann es nicht weitergehen…

  2. Das “Gestell” da im Vordergrund des Bildes im Foto ist eine traditionelle Dusche des paraguayischen Landsers. Man giesst sich mit nem Eimer Wasser ueber den Kopf mit Einseifen – und das alles im Freien etwas versteckt hinter ein paar Wellblechplatten oder Zeltbahnen. So sehen auch haeufig die Latrinen der Lateiner auf dem Lande aus. Eine Schicklgrube (Kackloch) wird gegraben wo dann hinter Zeltbahnen auf der Hocke hineingeschissen wird. So ist der Landser auch leidlich vor neugierigen Blicken geschuetzt.
    So jetzt wissen sie was die Aufbauten darstellen. Man kann sich vorstellen dass ein Landser erstmal garnichts mit einer modernen Toilette anzufangen weiss (Muell und Haare werden in den Ablauf gefegt, etc). Irgendwann steht dann die Toilette abmontiert auf dem Muell. Ist mir schon mal passiert mit ner teuren Toilette die ich dann noch imstande war zu retten und sicher einzulagern da sie zum Glueck nicht kaputt war.

  3. Wer zahlt in einer autoritären Kleptokratie Steuern? Vielleicht tut es das große TK-Unternehmen. Vielleicht tun es diejenigen, die Ende Monat ein Bruchteil der Einnahmen auf die Sammelfactura zuhanden der Steuerbehörde angeben. Den Erlös aus Geldwäsche, Korruption, Schmuggel und sonstig in zivilisierten Ländern als strafbare Handlungen geltende Geschäftsideen eher weniger. Somit dürfte dem hiesigen Fiscus allerlei Einnehmen “der Reichen” transparente versickern. Jedenfalls eine wahre Aussage: nur “ein paar Arme” zahlen hier Steuern.

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