Merkel in Brasilien: Klimaschutz und Freihandel

Brasilien hat zwar viele Probleme, ist aber für Kanzlerin Merkel ein entscheidender Akteur auf der internationalen Bühne. Bei den ersten Regierungskonsultationen in Brasília kommt mehr heraus als erwartet.

Brasília (dpa) – Brasiliens Staatspräsidentin Dilma Rousseff will wie die G7-Industriestaaten einen schrittweisen Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas einleiten. Wenn die Erderwärmung auf zwei Grad begrenzt werden soll, müsse dies bis 2100 geschafft werden, sagte sie am Donnerstag in Brasília zum Abschluss der ersten deutsch-brasilianischen Regierungskonsultationen. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) wertete das Bekenntnis des fünftgrößten Landes der Welt als wichtiges Signal, um beim Klimagipfel im Dezember in Paris eine Einigung auf ein ehrgeizigen Weltklimavertrag zu schaffen.

«Brasilien ist hier einen großen Schritt gegangen», sagte Merkel. Es sei von «allergrößter Bedeutung», dass alle Länder sich bewegen. Brasilien will die CO2-Emissionen um 36 Prozent bis 2020 senken, was geschafft werde, sagte Rousseff. Das für Paris wichtige CO2-Minderungsziel bis 2030 soll in wenigen Wochen verkündet werden. Die Präsidentin versprach zudem, die Regenwaldabholzung im Amazonas-Gebiet bis 2030 auf Null zurück zu fahren.

Das Land ist zu über 70 Prozent von Wasserkraft bei der Energieversorgung abhängig und leidet daher besonders unter sich verschärfenden Dürreperioden im Zuge des Klimawandels. Zugleich setzt es aber auch stark auf den Export von Öl. Die G7 hatten das Dekarbonisierungssziel im Juni beim Gipfel in Elmau vereinbart – allerdings ist es erst einmal nur eine vage Absichtserklärung, nicht unterlegt mit konkreten Verpflichtungen und Fahrplänen.

Merkel sieht zudem ein «Momentum» für ein Freihandelsabkommen mit Brasilien und weiteren Staaten Südamerikas – das könnte deutschen Unternehmen neue Märkte erschließen. Rousseff kündigte einen Vorschlag bis Ende des Jahres an. «Brasilien ist jetzt hier sehr ambitioniert», sagte Merkel angesichts der neuen Dynamik für ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und dem südamerikanischen Staatenbund Mercosur. Rousseff habe großes Interesse daran und stehe in engem Kontakt mit Argentinien. Paraguay und Uruguay seien ohnehin interessiert.

Seit 1999 verhandeln EU und Mercosur über Freihandel und den Abbau von Zollschranken. Vollmitglieder sind Argentinien, Brasilien, Uruguay, Paraguay und Venezuela. Besonders Venezuela bremst bei dem Thema. Ein Knackpunkt ist die Sorge um eine Verdrängung einheimischer Agrarprodukte. «Wir müssen überlegen, ob wir Wege finden, die einigen unterschiedliche Geschwindigkeiten gestatten», sagte Merkel.

Mit Blick auf die rund 1400 in Brasilien tätigen deutschen Unternehmen mahnte Merkel verlässliche Bedingungen an. «Die deutschen Unternehmen wollen das und sind dann auch bereit, noch mehr in Brasilien zu investieren», sagte sie. Von der schweren Wirtschaftskrise in Brasilien sind auch die im Land vertretenen deutschen Automobilhersteller betroffen. Merkel kündigte die nächsten Regierungskonsultationen für 2017 in Berlin an.

Brasilien ist ein Jahr vor den Olympischen Spielen in Rio in einer schweren politischen und wirtschaftlichen Krise. Viel Vertrauen kostete ein Korruptionsskandal um geschmierte Politiker bei Bauaufträgen. Rousseff zeigte sich aber bestens aufgelegt und lud die Bundesregierung zu Olympia 2016 ein. Von brasilianischer Seite wurde es als ermutigendes Zeichen bewertet, dass Merkel trotz der Krise mit sechs Ministern die Reise angetreten hatte.

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