Vom eigenen Sohn ermordet

Asunción: Eine Familie französischer Einwanderer mit dem Nachnamen Gadin wurde zum Zentrum eines Verbrechens, welches bis heute noch an Schrecklichkeit nicht zu übertreffen ist. Die Eltern wurden vom eigenen Sohn ermordet.

Gastón Gadin (18) war mit seinem Vater Laurent zerstritten, weil dieser nicht die Beziehung zu seiner Freundin Ana Mayeregger zuließ, die die Nichte eines Angestellten seines Anwesens in Villa Morra war. Laurent warnte seinen Sohn ihn zurück nach Frankreich zu schicken, wo er beim Militär eingezogen würde und im ersten Weltkrieg hätte kämpfen müssen. Der jähzornige Gastón bat den ehemaligen Angestellten und Freund Cipriano León um Hilfe, um das Verbrechen zu materialisieren.

Das Verbrechen passierte in der Nacht vom 26. Juli 1915 auf schlimmste Weise, mit einer Hacke. Zuerst tötete er seine Mutter und später, als sein Vater von einer Freimaurer-Versammlung zurückkam, auch ihn. Danach versuchte er seine Spuren mit einem gelegten Brand zu verwischen, was ihm jedoch nicht gelang. Das Verbrechen wurde schnell aufgeklärt, nachdem man einen Brief von Ana an Gastón fand, indem sie ihn darum bat, kein Verbrechen zu begehen. Cipriano und Gastón gerieten bei der Polizei in Widersprüche und beichteten schlussendlich alles. Gastón sagte, dass er seine Mutter nicht umbringen wollte.

Der besagte Brief wurde am 30. Juli von der damaligen Zeitung „La Tribuna“ veröffentlicht.

San Lorenzo, der 26. Juli 1915

„Ich bitte dich auf Knien, dass du gut nachdenkst was du machst. Ebenso bitte ich dich viel Geduld mit deinem Vater zu haben, denn du musst verstehen, dass dein gutes Benehmen unsere Glückseligkeit ist und wenn du etwas Verrücktes tust, wird es zwei Leidtragende geben, dich und mich. Ich bitte dich mich nicht leiden zu lassen, da ich schon so viel an dich denke. Mit Freundlichkeit und Süße erreichst du bestimmt mehr. Das was du mich gefragt hast, ob ich dich liebe – nur der Tod kann dieses brennende Feuer beenden, was ich für dich empfinde. Ich liebe dich, selbst wenn du ein Mörder, ein Dieb oder sonst was wärst. In jeglicher Form liebe ich dich mit heißer Leidenschaft. Bitte zweifele nicht an mir. Ich bin dein und zwar für immer.

Als heute Carlos kam, wurde ich traurig, weil ich mir schon dachte, dass es schlechte Nachrichten geben wird. Ich bete zur Jungfrau, dass du nichts Verrücktes tust. Denk an mich, ich verehre dich mit Leidenschaft. Was wird aus mir, ohne dich in dieser Welt? Ich habe heute viel gelacht aber eigentlich leidet mein Herz, weil es für uns so schwer ist glücklich zu sein. Ich denke an deinen Vater und daran, dass der Tag kommt an dem wir sagen können – endlich gibt es ein wir zusammen. Ich liebe dich, ich liebe dich, ich liebe dich Gastón meiner Seele, du bist mein und ich bin dein. Sei bitte ruhig und halte deine Vater ruhig ohne die Notwendigkeit mich zu vergessen. Ich bin schon mit gebrochenem Herzen wegen deinem Vater. Empfange tausend Küsse von deiner dich liebenden Anna. Heute Mittag warte ich auf dich im Haus meiner Großmutter.“

Fast zwei Jahre nach dem Mord, kam es zum Prozess. Es gab kaum Möglichkeiten hervorzuheben, dass Gastón zum Zeitpunkt des Mordes mit 18 Jahre noch minderjährig war, da man damals erst ab 20 als volljährig eingestuft wurde. Beide wurden zu Tod durch erschießen verurteilt. Die Vollstreckung fand am 1. Dezember 1917 im öffentlichen Gefängnis statt, was damals hinter der Kathedrale stand. In den Morgenstunden erhielten sie den letzten Besuch des Pfarrers Anibal Mena Porta, der ihnen während der Haft tagtäglich beistand. Sie hofften auf eine Begnadigung durch Präsident Franco, zu der es jedoch nicht kam.

Die damalige Tageszeitung „El Diario“ schrieb am 3. Dezember 1917: „Die enorme Menge an Schaulustigen, die zur Erschießung auf den Plätzen und Straßen war, etwa 3.000 Menschen, konnte gerade so von den Polizisten im Zaum gehalten werden.

Die Zeitung „El Liberal“ schrieb am 3. Dezember 1917: „Um 05:11 Uhr endete die Lesung des Urteils und ein Uniformierter ging zu Gadin und informierte ihn, dass er ihm die Augen verbinden werde. Gadin protestierte „Nein, ich will mir nicht die Augen verbinden“. Der Richter fragte Leon, ob er möchte und dieser sagte mit leiser Stimme “Nein Señor“. Die Soldaten bereiteten sich vor, die erste Reihe ging in die Knie, dann legten an und bei einer beunruhigender Ruhe folgt eine Aussage von Gadin. „Schießt auf diesen Leib ihr Hurensöhne“. Danach kam der Befehl und es fielen 8 Schüsse. Gadin wurde drei Mal getroffen und war dennoch nicht tot, León hingegen schon. Ein erneuter Befehl für einen Gnadenschuss wurde umgehend umgesetzt (Beitragsbild).

Es ist schwer sich vorzustellen, welchen Einfluss dieses Verbrechen auf die Gesellschaft hatte, denn es wurde von Generation an Generation weitergetragen. Wenige Jahre nach der Beerdigung schloss der Friedhof El Mangrullo und der Leichnam von Gastón Gadín wurde auf den Südfriedhof umgebettet. Da fand man den Körper dann ohne Kopf vor. Vater Laurent und Mutter Emma sind auf dem Recoleta Friedhof begraben.

Wochenblatt / Paraguay de antes

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2 Kommentare zu “Vom eigenen Sohn ermordet

  1. Jeremia Ritter von Ochs vor dem Berg

    Meyeregger ist Deutsch und der alte Franzmann war wohl ein eingefleischter Alsaciènne der nur Revanche fuer 1870 im Kopf hatte. Es haette dem alten weit besser gefallen der Junge waere auf dem Schlachtfeld einen Tod d’honneur gestorben. Definitiv ein Deutschenhasser.
    Eventuell stieß dem Alten auch sauer auf dass die Braut des Sohnes eventuell protestantisch war – das ging damals garnicht fuer die Papisten. Der Papst war aber ab dem Vatikan II. so freundlich und erlaubte Mischehen indem er die Protestanten als “verlorene Schafe von Mutti Kirche die in den Schoß der Kirche heimzuholen waeren” ansah. 1915 war es noch gaengige katholisvhe Doktrin die Protestanten mit dem Schwert heimzuholen zurueck in den Schoß der Kirche. Der Vatikan 2 ersetzte diese Taktik durch Unterwanderung des Protestantismus – das was jetzt mit den Mennoniten im Chaco passiert.
    Das Gefaengnis von damals ist heute, oder war, die Katholische Universitaet fuer Juristerei, wenn ich mich nicht irre.
    Interessant dass damals Moerder noch erschossen wurden. Da ueberlegt mans sich doch eher zweimal. Warum brannte der Franzmann nicht mit seinem teutonischen Liebchen durch? Oder warten bis der Krieg zuende war – schliesslich musste er ja in absehbarer Zeit zuende sein.
    Der Junge hatte definitiv die Wut von Vater geerbt.

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