Kuriositäten und Wissenswertes aus Paraguays Vergangenheit – Teil 8

Deutsche und die NSDAP während des 2. Weltkrieges in Paraguay

Als 1939 sich Europa erneut im Kriegszustand befand, wurde eine erneute Kontrolle durchgeführt, wo überall sich Deutsche außerhalb der Grenzen aufhalten.

Als sich 1928 die NSDAP dank Bruno Fricke in der Kolonie Independencia das erste außerdeutsche Standbein in Form einer Ortsgruppe (ab 1929) schaffte, war sie nicht sehr erfolgreich damit. Die Mitgliederzahl hielt sich trotz großer Bemühungen sehr gering. Der Gründer wechselte drei Jahre später auf die andere Seite und wurde Bekämpfer mit seiner „Schwarzen Front“.

Fricke reiste in der zweiten Hälfte der dreißiger Jahre in Argentinien, Brasilien, Uruguay und Paraguay herum, um den Bewohnern da klarzumachen, dass der Nationalsozialismus nicht das richtige für seine Heimat sei. Leider war es da schon zu spät und die NSDAP hatte sich schon zu etabliert.

Am 22. Juni 1937 beschrieb die Gestapo in einem Brief an die deutsche Gesandtschaft (gleichzusetzen mit einer diplomatischen Vertretung) in Asunción Bruno Fricke als Kopf der Oppositionsbewegung gegen Hitler in Südamerika. Ebenso wurde er neben Heinrich Jürgens als Schreiber des „Lügenblattes“ „Schwarze Front“ betitelt.

In dieser Epoche lebte Fricke in Hohenau, Itapúa. Im September 1939 schrieb der Leiter der deutschen Gesandtschaft von Asunción, Minister Hans Karl Büsing, dem Konsul von Encarnación, dass dieser ihn zu einem Gespräch einladen sollte samt Reisepasseinzug ohne Rückgabe. Ob die Initiative erfolgreich war geht leider nicht aus den geschichtlichen Aufzeichnungen hervor.

Die deutsche Gesellschaft summierte Ende der Dreißiger ungefähr 30.000 Deutsche, in der Mehrheit in Paraguay geboren und mit doppelter Nationalität. Um ihren Charakter und die Sprache zu erhalten trafen sie sich in Klubs, eröffneten deutsche Schulen, gründeten deutsche Krankenhäuser usw. Unter diesen Einrichtungen war auch der „Deutsche Volksbund für Paraguay“, besser bekannt unter „Unión Germánica“, der durch finanzielle Unterstützung der NSDAP aus Deutschland erhalten wurde.

Durch diesen Verein gewann der Nationalsozialismus an Popularität und das nicht nur unter deutschen Gefolgsleuten.

Nazi-Agenten waren an den Grenzen Paraguays, in Uruguay und Argentinien unterwegs. „Die Nazi Spione“, schrieb der argentinische Kommunist Ernesto Giudici, „gehen bummelnd durch den Süden Brasiliens, durch Uruguay, Paraguay und Bolivien sowie den Norden von Argentinien und Chiles. Die Nazis fliehen mit ihren Waffen aus Brasilien nach Misiones und gehen dann bis nach Hohenau.

Die deutschen Minister, die Führer der deutschen Gesandtschaft sowie einige Konsuln verstanden es der Auslandorganisation mit Sitz in Berlin zuzuarbeiten. Als Hitler 1933 an die Macht kam erklärte sich der damalige Repräsentant Deutschlands vor der Regierung von Eusebio Ayala, Rudolf von Büllow seinen Beitritt in die NSDAP. Rudolf von Büllow wurde am 14. November 1934 von Erhard von Wedel ersetzt, welche nicht ausreichend Sympathie dem Nationalsozialismus gegenüber bewies. Dies zumindest wurde bei der Auslandsorganisation in Berlin vom Parteimitglied Knapke angezeigt. Knapke war damals Ehrenadministrator der Kolonie Capitán Meza in Itapúa.

Bei mehr als einer Gelegenheit tadelte Knapke, aktives Parteimitglied von 1933 bis 1936, die Deutschen, die nicht sehr treu der Partei gegenüberstanden. Diese Anzeigen wurden allerdings von der deutschen Gesandtschaft in Asunción, unter der Führung von Wedel, nicht nach Berlin weitergeleitet. Von Wedel verteidigte sich erklärend, dass Knapke sich selbst bewirbt. Wenig später und unter Druck der „Unión Germánica“, musste Knapke zurücktreten und verließ die Kolonie Capitán Meza. Im Februar 1937 jedoch wurde Erhard von Wedel durch Hans Büsing ersetzt. Doktor Büsing, akkreditiert unter der Regierung des Oberst Rafael Franco, war speziell unter dem Mandat von Félix Paiva (1937-1939) sehr aktiv in seinen Tätigkeiten. Er empfahl viele Auszeichnungen für Parteimitglieder. Diese Ehrungen sorgten auch für einige Reibungen innerhalb der deutschen Gemeinschaft in Paraguay weil nicht alle so geradlinig waren, wie es das Parteibuch auswies.

Im Dezember 1939 organisierte Büsing ein wichtiges Treffen von deutschen Konsuln in Asunción, welchem ebenso Führungsmitglieder der NSDAP beiwohnten sowie prominente Deutsche aus Paraguay. Dies war ein ersten Stimmenabgleiche.

Die Rolle der deutschen Konsuln während der Kriegszeit war einerseits dezent und anderseits auch manchmal positiv. Friedrich Brixner, seit 1929 Konsul von Villarrica, trat ebenso der NSDAP bei und machte Werbung für das neue Deutschland. Wegen der ansässigen Juden in der Zone hielt er es für sinnvoll den Antisemitismus nicht anzusprechen. Andere Konsuln wie Emil Kloss und Eugen Franck aus Encarnación, Erwin Eberhardt aus Villeta oder R.W. Seifart aus Concepción waren keine NSDAP Parteimitglieder. Sie nahmen allesamt ihre Positionen vor der Nazi Herrschaft ein.

In den Nazi-Archiven von Asunción, die nicht zerstört wurden fand man Unmengen von Anzeigen von Deutschen die sich selbst und sogar die Konsuln beschuldigen kein Parteimitglied zu sein. Mit dieser parteieigenen Kontrolle wurde viele Male verhindert, dass Nazis in Paraguay von der deutschen Regierung ausgezeichnet wurden. Zweifel über die Führer Ansichten und politische Verzweigungen waren auch in Paraguay Grund genug, dass die Partei einem das Vertrauen und den Posten entzieht.

Die deutsche Auslandsorganisation versuchte immer weiter in den Verwaltungsbereich Paraguays vorzudringen und sich mehr Einfluss zu verschaffen. Viele neue Regeln sollten innerhalb der Partei für Ordnung sorgen.

In Paraguay kam es auch zur Auseinandersetzung wegen der Wahl des Schlichters der Landesgruppe beim Gericht der Auslandsorganisation, nachdem der bis dato Vermittler Doktor Ebert verstorben war.

Am 11. Dezember 1937 teilte Richter Kraneck dem Abteilungschef der Auslandsorganisation, Wilhelm Bohle, mit, dass Minister Hans Büsing designiert wird.

Die Entscheidung wurde nicht als opportun angesehen, da der Chef der diplomatischen Mission auch Schlichter des Gerichts der Auslandsorganisation war. Dies waren zwei sehr hohe Ämter die vom Blickpunkt vieler Deutscher in Paraguay nicht vereinbar waren.

Diese Entscheidung, so hieß es in der Resolution, sollte nicht in Deutschland publik werden. Ebenso sollte keine Sterbeurkunde von Kamerad Ebert nach Deutschland kommen.

Mit der Zeit hatte die Auslandsorganisation immer mehr Gewicht im Außenministerium des Reiches. Zu Beginn des Jahres 1938 reklamierte die Landesgruppe Paraguay, die mit 1.000 Reichsmark verschuldet war, eine Zahlung aus Deutschland. Die Erklärungen der schlechten finanziellen Situation der Gruppe erfüllten den Verantwortlichen Hermann Lüdtke nicht mit Freude. Er überwies seinem Kameraden Alfred Hess am 10. Februar nur 500 Reichsmark, um die Situation der Gruppe zu verbessern. Frequentiert kamen mehrere Zahlungen unter dem Betreff Bildung. Allerdings verdeckten sie die wahren Absichten. Sie sollten Propagandafilme drehen die dem deutschen Publikum vorgeführt werden konnten.

Am 20. Mai 1938, etwas mehr als zwei Monate nachdem Österreich ans Reich annektiert wurde, informierte der NSDAP Parteichef Paraguays, Reimer Behrens, „dass in Paraguay die Situation ruhig sei und keine unmittelbare Gefahr zu erwarten sei“. Die Führungsriege der Partei sowie die des Opferringes sollten sich von Deutschen mit doppelter Staatsbürgerschaft in „Reichsdeutsche“ konvertieren. Das diesbezügliche Telegramm passiert erst die Deutsche Gesandtschaft und wurde komplett von Minister Büsing unterstützt.

Behrens, ein Ex Kämpfer aus dem ersten Weltkrieg führte die Partei ab 1936, Nachfolger von S.R. Reitzenstein. Zweimal wurde Behrens für seine Aktivitäten von Hitler ausgezeichnet. Im November 1940 begab sich eine deutsche Delegation zum Kanzleramt, um die Arbeit von Behrens zu ehren, dessen Kapazität während des Krieges ständig ohne Einschränkungen hilfreich für die NSDAP war.

Zusammen mit Behrens waren einige Sympathisanten wie auch der evangelische Pfarrer Karl Richert, der konstant Reisen ins Inland unternahm, um neben seiner religiösen Tätigkeit seine nationalsozialistische Ideologie zu verbreiten. Im Mai 1940 empfahl Minister Büsing den Pfarrer für eine Ehrung. Als Begründung gab Büsing an: „Das er jedes Mal mehr tätig ist für das Wohl der Partei. Der Religiöse liebe seine alte Heimat und regt Diskussionen an und zeigt Parteifilme“.

Im Jahr 1934, laut einer Information der nordamerikanischen Botschaft aus dem Jahr 1946, beschäftigte sich Richert schon mit dem Juden und Neueinwanderer Rudolf Hirsch. Bei der Polizei von Hamburg bat er um Informationen der Person entsprechend. Er meinte, dass Hirsch noch mehr Gründe neben dem Antisemitismus hätte Deutschland zu hassen. Der Pfarrer gründete ebenso ein Jungeninternat im Jahr 1939 und blieb Kopf seiner Kirche bis 1965, das Jahr in dem er nach Deutschland zurückkehrte.

Laut den Unterlagen der deutschen Gesandtschaft in Asunción lebten auch noch andere Naziführer im Inland Paraguays, darunter Albert Siehr und Gustav Volling, Parteichefs aus San Bernardino. Ab 1937 auch Walter Haase welcher den gleichen Posten in der Kolonie Independencia innehatte. Er wurde positiv vermerkt bei wegen der Verbreitung des Germanentums in der Kolonie. Adolf Hansen war Chef der Lokalgruppe in Capitán Meza und Promotor des Nationalsozialismus in der Zone. In der Kolonie Carlos Pfannl war Fritz Pfeiffer ab 1939 zum Chef der Hitlerjugend designiert wurden neben seiner Tätigkeit als Direktor der deutschen Schule der Kolonie Independencia. Am 3. März 1940 beschrieb Konsul Brixner Pfeiffer folgendermaßen: „Er ist lokaler Parteichef und hat viel Einfluss auf die Jugend wo er die nationalsozialistische Doktrinen instruiert. Zudem hat er wenig Sympathie den Katholiken gegenüber“.

In der Hauptstadt erhöhte sich ebenfalls die parteiliche Aktivität durch den argentinien-deutschen Carlos Krug und Karl Knauer (über den die deutsche Gesandtschaft 1939 schrieb: Einer der ersten, der seine Hilfe der Partei anbietet), Leonhard Schmull und Georg Schuhleider. Dieser übernahm 1939 einen wichtigen Posten in der „Unión Germánica del Paraguay“ wo er viel Werbung für den Nationalsozialismus machte. Sein Assistent und Sekretär, Gerd von Schutz, so wie seine Ehefrau Gertrud, sind ebenso als Parteimitglieder größter Wichtigkeit vermerkt wurden.

Ebenso verdienten sich Rudolf Petz und Franz Powarynski, beides Lehrer, viel Anerkennung. Petz, der zu 1928 – 30 in Hohenau zu lehren begann zog nach Asunción um, wo er 1933 unter der Mitgliedsnummer 1563-195 in die NSDAP eintrat. Als Lehrer an der deutschen Schule in Asunción wurde er auch Schatzmeister der Partei zwischen 1934 und 35. Er wurde als sehr fahnentreu beschrieben. 1938 bekam er die alleinige deutsche Staatsbürgerschaft. Ab dem Beginn der 40er Jahre gab es keine Spuren mehr die zu ihm führten. Powarzynski, ebenfalls Lehrer an der Schule wurden Jugendchef des „Deutschen Volksbund für Paraguay“.

Viele tausende Kilometer von der Kriegsfront entfernt, war es ein leichtes Parteimitglied zu werden. Die Nazis in Paraguay waren in Mehrzahl allerdings nicht sehr linientreu, sie meldeten sich nicht zur Wehrmacht und waren nicht fanatisch genug um selbst mit einzugreifen, dafür war einfach ein Ozean zu viel zwischen den beiden Ländern.

Ende der 30er und Anfang der 40er steigerte sich die Euphorie. Fast alle vergaßen wie Hitler an die Macht kam, sich einrichtete und wie das deutsche Volk dafür zahlen musste.

Die Designierung von General Estigarribia wurde nicht als gut in der Wilhelmstraße von Berlin angesehen. Am 16. Juni 1939 schrieb die deutsche Gesandtschaft nach Berlin, das Estigarribia, der bald das Amt erklimmt, in Washington war und zurückreiste in einem modernen Pan-Air Flugzeug, welches ihm von den USA dafür überlassen wurde.

Diese Vorgeschichte konnte den Bemühungen der Deutschen in Paraguay entgegenwirken oder gar torpetieren. Am 11. September 1939, drei Tage bevor Paraguay sich als „Neutral“ erklärte, informierte die deutsche Gesandtschaft Asunción Berlin detailliert darüber, wie die Notfallmaßnahmen für einen Kriegseinsatz aussehen.

Aus strategischen Gründen entscheid sich die Landesgruppe dafür gewissen Befehle aus Deutschland zu übergehen, um die geballten Kräfte des Landes nicht zu spalten und eine neue Methodologie zu begründen.

Daraufhin wurde ein „Koloniebeirat“ gegründet, zusammengesetzt aus acht Männern, die ihre Loyalität schon bei verschiedenen Aktivitäten zum Wohle Deutschlands bewiesen hatten.

Bestückt war der Beirat aus zwei Geschäftsmännern, zwei Angestellte, ein Capataz und ein Bauernvertreter Zwei weitere kämpften im ersten Weltkrieg in Deutschland. Vier der acht waren Parteimitglieder und die restlichen vier große Sympathisanten. Büsing erklärte in Deutschland, dass der Koloniebeirat nur eine Stimme hätte aber die Entscheidung immer bei ihm liegen würde.

Simultan wurde eine Kasse mit dem Namen „Deutsche Hilfe“ gegründet, die in Asunción eingerichtet wurde. Damit sollten Gelder für Deutschland gesammelt werden, die jedes Mitglied monatlich abzuliefern hatte. Für die Sicherstellung der Zahlung war Büsing verantwortlich.

Das Thema „Propaganda“ war sehr wichtig bei der Bildung und erhielt einen Ehrenplatz, auch in Paraguay. Neben Filmen und Treffen sollte deutsches Radio die Leute wach halten. Die paraguayische Regierung unternahm trotz der eigentlichen Ablehnung nichts, da sie mit der diplomatischen Ebene, der deutschen Gesandtschaft niemals Probleme hatten.

(Auszug aus dem spanisch geschriebenen Buch: Alfredo M. Seiferheld – Los Alemanes reaccionan en el Paraguay frente a la Crisis mundial / Quelle: Nazismo y Fascismo en el Paraguay (1939/1945), übersetzt für “Das Wochenblatt” – Jan Päßler)

Dies soll in keinster Weise als Verherrlichung des Nazitums verstanden werden. Es handelt sich lediglich um eine eine deutsche Version des Geschehenen mit nachvollziehbaren Quellen.

CC
CC
Werbung

Der Zweck dieses Dienstes ist die Wertsteigerung der Nachrichten und um einen flüssigeren Kontakt zu den Lesern zu etablieren. Kommentare sollten an das Thema des Artikels angepasst werden. Die Kommentatoren sind ausschließlich für den Inhalt verantwortlich, der sachlich und klar sein sollte. Schimpfwörter und persönliche Beleidigungen sowie Rassismus werden nicht geduldet.

1 Kommentar zu “Kuriositäten und Wissenswertes aus Paraguays Vergangenheit – Teil 8

Kommentar hinzufügen