Chaco: Das unklare Erbe einiger Belgier

Puerto Pinasco: 17 Familien leben in Unsicherheit, weil ein uruguayisches Unternehmen von einem Grundstück Besitz nehmen will, was laut ihrer Aussage und paraguayischem Recht eigentlich ihnen gehören sollte.

Im Jahr 1979 haben Belgier, denen das 3.000 ha große Grundstück im Bereich Tres Ramales gehörte, es den ortsansässigen Familien vermacht, sodass diese darauf Ackerbau und Viehzucht betrieben konnten. Im Jahr 2006, also 27 Jahre später, tauchte plötzlich der liberale Ex-Senator Modesto Guggiari auf und gab sich als Eigentümer aus. Die Nachbarn haben echte Zweifel, wie der Ex-Senator und Botschafter in Peru, zu diesem Grundstück kam. Danach veräußerte er es an die uruguayische Firma Cattler Trading Corporation, die von Juan María Bordaberry Herrán, Sohn des ehemaligen Diktators und Präsidenten von Uruguays, repräsentiert wird. Gegen diese Firma verloren die Bewohner einen ersten Prozess, welcher ihnen untersagt weitere Bauten auf dem Grundstück zu errichten. Laut paraguayischem Recht steht den Familien jedoch durch das Bewirtschaften auch ein Besetzungsrecht zu, womit sie sich Unterstützung von staatlichen Institutionen erhoffen.

Wochenblatt / Última Hora

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12 Kommentare zu “Chaco: Das unklare Erbe einiger Belgier

  1. Interessant, dann brauche ich nur beim Nachbarn anfangen ihr Land auch zu bewirtschaften ohne das er das groß mitbekommt oder wenn er verreist ist….und wie lange muß ich das machen bis ich ein Besetzungsrecht an deren Land habe?

    1. Da es nicht geringste Rechtssicherheit in Paraguay gibt, kann Ihnen das niemand sagen. Sie brauchen Beziehungen zu einflussreichen Politikern, dann kann es relativ schnell gehen. Das paraguayische Recht ist letztlich sekundär, der Ausgang von Prozessen selbst in scheinbar sicheren Fällen nicht vorhersagbar.

    2. Soweit ich hier lese haben die Belgier das Grundstück vermacht. Ich verstehe das so, dass es da also irgendwie ein Dokument geben muss wo steht, dass die dort bewirtschaften können. So gesehen muss ihr Nachbar also davon wissen und sein OK geben. Das ist jetzt mal die Theorie.

  2. Die Frage ist nach dem Vermachen (wo ist das Dokument), wie lange müssen die Familien warten, bis das ihr Grundstück wird? 27 Jahre ist ohnehin eine lange Zeit und auch das ist schon wieder 13 Jahre her. Was heißt genau Besetzungsrecht? Gehört ihnen das Grundstück jetzt oder dürfen sie nur da bleiben und wenn es so ist, dann wie lange? Und wenn sie nur dort bleiben dürften, dann muss das Grundstück ja nach wie vor den Belgiern gehören?
    Völlig unmöglich ist eigentlich nur, dass da plötzlich ein dritter kommt und sich als Eigentümer ausgibt. Wo kamen die Titel her von wem hat er das jetzt gekauft, wem hat er das Geld überwiesen. Da muss es ja auch Dokumente geben? Und wäre das noch nicht genug, hat er es also weiterverkauft. Ich denke, dass man das nur als hohes Tier kann, denn in dem Fall ist dann alles egal vor allem in Paraguay.
    Erst letztens hat ein Paraguayer behauptet, dass der Titel hier schon eine sichere Sache ist. Ich habe gesagt, in etwa so sicher wie per Lotterie Dollar Millionär zu werden. Es kann schon sein, dass man Eigentümer ist, aber eigentlich ist es Glückssache. Darauf hin war er vielleicht etwas beleidigt, aber was solls. Meine Schuld ist es ja sicher nicht.

  3. Ich denke da ist erstaunlicherweise wieder mal etwas nicht recht abgelaufen bei der Ausstellung des Grundbucheintrags – Titulo, ein paar findige Notare und Anwälte – welche sich hierzulande halt nur die Mehrbesseren leisten können – haben dies bemerkt und dann geht erstaunlicherweise das große Coimaschieben los, bis es dann eines Tages jemandem rechtmäßig gehört, und zwar demjenigen, der stets die richtigen, quadratische-grünen Dokumente beim Gericht eingereicht hat.

  4. @Dietmar
    Nach dem paraguayischen Zivilrecht kannst du ein fremdes Land beanspruchen wenn der Eigentuemer 10 Jahre abwesend war oder kein Zeichen der Bewirtschaftung aufweist. Dann kannst du das Land anfechten als dein eigenes wenn du beweisen kannst dass du da jahrelang unbehelligt den usus possidetis oder ius possidetis (Besitzrecht. Nicht Eigentumsrecht) ausgeuebt hast. Kam der Belgier oder sein Repraesentant nie rueber die Landbesetzung anzufechten, dann kannst du die Urkunde fuer das Landstueck als deine eigene notariell beglaubigen lassen (Eigentumsrecht).
    Kurzum: Das Eigentumsrecht ist hierzulande an wirtschaftliche Aktivitaet gebunden. Spekulationen und Land als Kapitalanlage will man so verhindern. Wird innerhalb 10 Jahren nichts getan, so kann ein Dritter dein Landeigentumsrecht durch sein Besitzrecht streitig machen (wenn er es besetzt hatte und darauf dem Staat steuereinbringende wirtschaftliche Aktivitaeten realisiert hat).
    Das Besitzrecht (ius possidetis) ersetzt das Eigentumsrecht (Urkunde. ius dominium) nach 10 Jahren Inaktivitaet.
    Land zu besitzen als Besitzanlage ist im Prinzip nach dem nationalen Zivilrecht zwar nicht ausdruecklich verboten aber der inaktive, d.h. wirtschaftlich inaktive, Eigentuemer wird mit Eigentumsrechtverlust bestraft, oder kann damit bestraft werden, wenn er keinerlei wirtschaftliche Aktivitaet mit seinem Landbesitz realisiert.
    Es reicht zu wenn du jedes Jahr einen Zaunpfosten da einschlaegst um als “wirtschaftliche Aktivitaet” zu gelten, oder ein paar Loecher als Wasseransammlung graebst oder einen Draht ziehst, einen Baum pflanzt oder faellst, ein Tor einhaengst, etc.
    So ist das rechtlich in Paraguay.
    Also der Ansammlungskapitalismus ist damit beschraenkt und so kann ein Multimillionaer nicht hunderte Landstuecke als Kapitalanlage oder Spekulation haben ohne darauf was zu wirtschaften.
    Also, kommst du nie zu deinem Besitz dann verlierst du es rechtens.

    1. Yop, zehn Jahr vergehen schnell, dieses Gesetz, welche Sie da ausgezeichnet formuliert haben Johann Moritz, das kennt jeder Ratte, nicht bis ins Detail, wichtig ist nur das Resultat, dass 10 Jahre wirtschaftliche Aktivität, indem die Biomasse des Müllhaufens stetig anwächst und man netterweise das Haus des abgerückten Alemam de M. bewacht, sodass nicht noch ein anderer auf die gute Idee kommt, die jährliche Grundstücksteuer bezahlt man daher auch eher nicht, egal, das will der von den Munispalidades auch erst dann einkassieren, wenn man die aufgelaufenen Grundstücksteuer dank inoffiziellem Zustupf etwas kastrieren kann. Daher, ne, nicht Ex-Korrupti-Senator Daher, sondern, daher erstaunen mich die Fragen, von deutsch sprechenden Gurkenpflanzern in diesem Forum, warum ich nicht schon abgeflogen bin wenig. Und noch eins Johann Moriz, chapeau, zu Ihrem informativen Kommentar.

    2. @KunoGvO
      Ja, dank dir für die sehr interessanten Infos zu dem Thema!
      Dahinter sehe ich mal wieder wie (sinnlos) schwer es in Py ist, sich überhaupt Besitz anzueignen!
      Wenn jemand die nötigen Leute besticht, kann z.b. aus einem Jahr vermutlich schnell mal 10 J. werden.
      Es ist wahnsinn wieviel unechte Titel hier verkauft werfen und wie schwer es gemacht wird hier sein Land überhaupt zu behalten. Da wäre es das Beste und ehrlichste Landkauf hier in Py ähnlich wie in Asien für Ausländer gleich mal zu verbieten. Dann bleibt vielen gleich Geldverlust und Stress erspart!!

    3. Aha. Deswegen ist der Wald in Paraguay überall abgeholzt, weil die Köhler wirtschaftlich aktiv waren und Steuern bezahlt haben. Mal sehen, was man in Paraguay isst, wenn es gar keinen Wald mehr in Paraguay oder LatAm mehr gibt …

  5. Zivilgesetzbuch:
    SECCION IV
    DE LA USUCAPION
    Art.1989.- El que poseyere ininterrumpidamente un inmueble durante veinte años sin oposición y sin
    distinción entre presentes y ausentes, adquiere el dominio de él sin necesidad de título ni de buena fe, la
    que en este caso se presume. Podrá pedir el juez que así lo declare por sentencia, la que servirá de título de
    propiedad para su inscripción en el Registro de Inmuebles.
    Art.1990.- Quien hubiere adquirido un inmueble de buena fe y con justo título, obtendrá el dominio del
    mismo por la posesión continua de diez años.
    Das obere ist das Gesetz zur Landbesetzung.
    Nach 20 Jahre Besetzung ohne Protest, gehoert per Gesetz das Land dem Besetzer und der Eigentuemer verliert es. Der Besetzer beantragt die Urkunde beim Richter und dieser ordnet die Urkundenausstellung und Registrierung im Katasteramt an.
    Guggiari kam erst nach 27 Jahren, also 7 Jahre zu spaet nach den Belgiern. Noch spaeter kamen die Uruguayer. Also das Land gehoert rechtens den “ortsansaessigen Familien”.

  6. Ich hatte mich geirrt. Dominiumrecht geht man verlustig wenn jemand dein Land fuer 20 Jahre besetzt ohne dass der Dominus (Eigentuemer) protestiert. Danach ist der Eigentumer das Land los – ob mit Urkunde oder ohne.
    10 Jahre Besetzung geben dem Besetzer das Eigentumsrecht wenn in gutem Glauben gehandelt hat und einen Kaufbeleg hat. Dieses letztere ist fuer den Fall es bestehen mehrere konfliktive Urkunden alle aelter oder juenger als die des Besetzers. Hast es gekauft und einen Kaufbeleg oder eine Urkunde erhalten und hast es 10 Jahre lang besetzt so biste der Eigentuemer.
    Ich kann mir gut vorstellen dass fuer Betrueger und “paraguayos avivados” genauso wie Winkeladvokaten diese Regelung ein gefundenes Fressen ist. Man halte nur 20 Jahre lang aus mit “Schmiere & Co.”, man habe “Kontakte” und schon kann man so umsonst zu sehr viel Land kommen – auf kosten von anderen Geprellten.
    Zivilgesetzbuch:
    SECCION IV
    DE LA USUCAPION
    Art.1989.- El que poseyere ininterrumpidamente un inmueble durante veinte años sin oposición y sin
    distinción entre presentes y ausentes, adquiere el dominio de él sin necesidad de título ni de buena fe, la
    que en este caso se presume. Podrá pedir el juez que así lo declare por sentencia, la que servirá de título de
    propiedad para su inscripción en el Registro de Inmuebles.
    Art.1990.- Quien hubiere adquirido un inmueble de buena fe y con justo título, obtendrá el dominio del
    mismo por la posesión continua de diez años.
    Das obere ist das Gesetz zur Landbesetzung.
    Nach 20 Jahre Besetzung ohne Protest, gehoert per Gesetz das Land dem Besetzer und der Eigentuemer verliert es. Der Besetzer beantragt die Urkunde beim Richter und dieser ordnet die Urkundenausstellung und Registrierung im Katasteramt an.
    Guggiari kam erst nach 27 Jahren, also 7 Jahre zu spaet nach den Belgiern. Noch spaeter kamen die Uruguayer. Also das Land gehoert rechtens den “ortsansaessigen Familien”.

  7. Also bitte Leute, in diesem Lande über Recht zu diskutieren ist sinnlos, hier ist absolut rechtsfreier Raum.
    Wer sich die richterliche Bestechung nicht leisten kann, hat keine Chance auf “Recht”, und es gibt genug Reichlinge hier, gegen die man besser nicht antritt, da diese schlicht mehr Geld für den Richter haben?
    Die Realität schaut so aus: man geht zum “Bestechungsvermittler” findet man bei jedem Richtergrüppchen, dem trägt man sein Anliegen vor. Dieser kontaktiert den Richter, welcher die Höhe des Coima bestimmt, dann blecht man und kann praktisch den Prozess nur dann noch verlieren, wenn die Gegenpartei nochmal mehr zahlt!
    Alles andere ist Wunschdenken von Gutmenschen!

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