Etikette: “Viel Geld und wenig Bildung ist eine schlechte Kombination“

Asunción: Die Aussage in der Überschrift, dass viel Geld und wenig Bildung noch lange nichts über die Etikette aussagt, könnte überall zutreffen. Luis Arroyo Pérez bezog sich aber eher auf die Umgangsformen der Paraguayer bezüglich ihres Verhaltens in Restaurants.

Pérez müsste es wissen, denn er ist Direktor der Schule für die Etikette, die den Hoteliers oder Restaurantbesitzern für Angestellten zur Verfügung steht. Mehrere Bücher hat er schon geschrieben und unzählige Vorträge gehalten.

Es gibt rund 20 Benimmregeln bei Tisch und jeder macht den einen oder anderen Fehler. „In Paraguay sind bestimmte Normen und Regeln sehr verbreitet. Das hat aber nichts mit sozialen Schichten und nichts mit Geld zu tun. Es gibt sogar ein Sprichwort, dass besagt, viel Geld und wenig Bildung ist eine schlechte Kombination“, erklärte Pérez.

Er erwähnte, seine Eltern hätten ihm erzählt, dass in den 50er und 60er Jahren in den Schulen Bücher existiert hätten, die über das Putzen der Schuhe, die Zahnpflege, Tischregeln usw. als Lehrmaterial zur Verfügung gestanden wären. „Heute lehrt das niemand mehr. Wer kein gutes Elternhaus hat, wird nie in solche Dinge eingeweiht“, sagte Pérez.

Seiner Meinung nach sollte dies aber schon in der Grundschule erfolgen. Auch ein Studiengang in dem Fach Etikette sei notwendig, damit Karrieren und internationale Beziehungen weiter voran kämen.

„Sicherlich ist es falsch, wenn wir uns mit Europa vergleichen. Eine 10-Jährige hat kaum eine Ahnung von Umgangsformen wenn nicht die Eltern als Beispiel vorangehen“, sagte Pérez.

Mittlerweile besuchen mehr Männer als Frauen seine Kurse. Das erstaunt sogar den Direktor, denn er dachte, das Fachgebiet würde mehr die Weiblichkeit anziehen.

Pérez betonte weiter, dass die Ausbildung an seiner Schule nach Hause getragen werden müsse. „So wie im eigenen Heim das Essen gereicht wird und man sich am Tisch verhält muss dies auch in der Öffentlichkeit passieren. Wenn ein Kind das Essen in einem Schnellrestaurant auf den Boden wirft oder falsche Tischmanieren zeigt, muss es gemaßregelt werden. Wenn nicht, führt es zu einer Katastrophe im Erwachsenenalter“, sagte Pérez.

Weit mehr als 500 Personen haben in vier Jahren die Schule für Etikette besucht, hinzu kommen eine Vielzahl privater Kurse und Vorträge von Pérez.

Quelle: El Omnivoro

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9 Kommentare zu “Etikette: “Viel Geld und wenig Bildung ist eine schlechte Kombination“

  1. Welcher Paraguayer bitte massregelt seine Kinder??? Diese dürfen hier doch machen was sie wollen? Zum Thema Benimm, wenn ich bei betuchteren Familien zum Essen geladen bin, so scheint es ganz normal, dass sich alle beim Essen den Mund am Tischtuch abwischen??? Hat mich etwas befremdet,hehe.

  2. Man beobachte in Gaststätten doch einfach mal die Handhabung des Eßbesteckes durch die Masse der Durchschnittsbürger – einfach sehenswert. Zunächst Gabel in linker Hand, Messer in rechter Hand um das obligatorische Fleisch zu durchschneiden. Dann sofort fliegender Wechsel der Gabel in die rechte Hand um damit große Happen möglichst schnell in den Mund zu stopfen. Danach wieder Wechsel des Besteckes zurück, usw. Das Essen findet meist wie im Akkord statt und zwischendurch noch ein Blick auf die wichtigen Nachrichteneingänge auf Facebook, Twitter u.a. Bei der sogenannten “höheren Schicht” mag das schon etwas besser funktionieren, doch auch hier liegt noch viel im Argen. Der fliegende Besteckwechsel wird dort teilweise zur “guten Umgangsform” erklärt. Mir wollte man dann tatsächlich weismachen, daß ich keine Tischmanieren besäße, mit der Frage verbunden, ob man in Europa immer so unkultiviert essen würde. Nun ja EINBILDUNG IST EBEN AUCH EINE ART BILDUNG!

    1. Der fliegende Wechsel ist übrigens nicht unbedingt typisch paraguayisch, sondern auch in den USA durchaus üblich. Das habe ich mehr als einmal beobachten können, auch kann man es nachlesen in der Süddeutschen Zeitung vom 10.12.14: “Bei der Benutzung des Bestecks kommt es oft zur wohl größten Irritation unter europäischen Gästen. In einer Variante der amerikanischen Esskultur ist es üblich, die gesamte Mahlzeit zunächst in mundgerechte Häppchen zu zerstückeln, um diese nur noch mit der Gabel zu verzehren. Die andere Hand ist dann arbeitslos – und kann beispielsweise den Colt schussbereit halten. Kein Witz! Diese Sitte soll im Wilden Westen entstanden sein, wo jederzeit ein Feind durch die Saloon-Tür stolzieren konnte.
      Bei der zweiten ungewohnten Kulturtechnik werden zum Abschneiden eines Bissens zunächst die Gabel links und das Messer rechts gehalten. Sobald ein Happen auf der Gabel ist, wird das Messer abgelegt, die Gabel in die rechte Hand genommen und zum Mund geführt. Dann startet das Procedere von vorn. Dieses so unpraktische wie aparte Vorgehen soll auf die europäischen Tischmanieren des 18. Jahrhunderts zurückgehen – nur dass die Amerikaner dabei geblieben sind, während in Paris und London längst beide Besteckteile fest in der Hand blieben.”

      1. Seit dem die Engländer wieder dem Kannibalismus frönen und die Amis dann auch nur schwarz anbraten, sind wohl Messer wirklich Pflicht. In der deutschen Küche sehe ich aber wirklich keinen Zweck, da ist alles so gut durch und butterzart, also die Kartoffeln in die leckere Sauce gedrückt, ein köstliches Mus daraus gemacht und das Fleisch einfach so mit der Gabel durchtrennt…..was gibt es schöneres als sich gemächlich ein Kilo zauberhafter Speise zuzuführen? Dann noch der Spruch: “Warum rülpset und furzet Ihr nicht, hat es euch nicht geschmecket? Herrlich!!! 🙂
        Im übrigen fehlt dem Herrn Knigge auf dem Beitragsfoto das Wasserglas, auch wenn er es nicht braucht.

  3. @Manni, sicher sind Ihre Beobachtungen nicht von der Hand zu weisen. Hier gilt wie überall auf dem Planeten Erde, Geld alleine macht noch keine Kultur. Allerdings möchte ich trotzdem auch etwas Wasser in den Wein gießen. Gehen Sie doch x bitte in Deutschland Essen und machen Sie da Ihre so genauen Beobachtungen. Sie werden sich wundern, ob der Tatsache, daß so gut wie kein einziger Gast anständig mit Messer und Gabel umzugehen weiß, ganz zu schweigen von der Jugend. Das unsägliche Thema Mobiltelefone ist wahrlich nicht auf Paraguay zu beschränken. In D-Land mind. genau so schlimm, man sitzt sich nichtssagend gegenüber und ist vertieft im Chat. Von Italien und anderen Ländern möchte ich hier erst gar nicht reden. Das mit dem Mund abwischen an der Tischdecke ist anfangs etwas befremdlich, aber man gewöhnt sich daran und was steht eigentlich dagegen es nicht genauso zu machen. Die werden ja dann meistens auch wieder gewaschen…..

  4. „So wie im eigenen Heim das Essen gereicht wird und man sich am Tisch verhält muss dies auch in der Öffentlichkeit passieren. Wenn ein Kind das Essen in einem Schnellrestaurant auf den Boden wirft oder falsche Tischmanieren zeigt, muss es gemaßregelt werden. Wenn nicht, führt es zu einer Katastrophe im Erwachsenenalter“, sagte Pérez.

    Sein Wort in Gottes Ohr! Aber nicht nur Tischmanieren, sondern auch echte Verhaltensregeln sollten in der Schule gelehrt werden. Zum Beispiel Pünktlichkeit und Disziplin. Und wenn man nicht puenktlich kommt, dann kann man das auch ruhig vorher Bescheid geben.

  5. Nun ja, dafür waren die Tischdecken ursprünglich gedacht: Zum Mund- und Händeabwischen.
    Und zum Schutz der Kleidung.

    Entstehungsgeschichte der Tischtücher:
    Als Anfangspunkt für die Entwicklungsgeschichte der Tischdecke können die Mundtücher, welche in der ausgehenden Antike auf kleinen Tischen mit den Speisen gereicht wurden, genannt werden. Im Mittelalter erfolgte eher ein Rückschritt in dieser Entwicklung. Erst im Spätmittelalter lässt sich die Geschichte fortsetzen.
    Man begann erstmals Tücher an den Tischen zu befestigen. Ungefähr bis ins Jahr 1200 lassen sich Abbildungen von ersten Tischtüchern zurückverfolgen. Diese Tücher dienten dazu sich den Mund und Hände abwischen zu können und zeigen damit die Nähe zwischen Tischtüchern und Servietten auf. Diese Nutzung dürfte, neben der Einführung von Besteck und Geschirr, seinen eigenen Beitrag zur Erhöhung des Hygienestandards geleistet haben. Der dekorative Gedanke stand anfangs nicht im Vordergrund.
    Die Schutz- und Hygienefunktion wurde mit dem Größerwerden der Tischdecke auch auf die Bekleidung der Speisenden ausgeweitet. Mit dem Ansteigen des allgemeinen Hygieneniveaus tritt die Wichtigkeit dieser Funktion in den Hintergrund und der dekorative Charakter der Tischdecke tritt dafür umso mehr hervor.

    Auch wenn es heute nicht mehr überall üblich ist, damals war es wohl “El ultimo grito”. 🙂

    Die Tischmanieren lassen inzwischen überall auf der Welt zu wünschen übrig.
    Egal wohin man kommt, vor allem in Restaurants am Buffet, vergeht mir schnell der Appetit.
    Da wird nicht gegessen, da wird gefressen.
    Die Teller werden bis zum Überlaufen gefüllt, man stochert ein wenig darin herum und läßt den Rest stehen.
    Die Gabeln werden von Erwachsenen gehalten wie es kleine Kinder tun, die gerade anfangen alleine zu essen.
    Dafür wird sie so hoch beladen, daß die Hälfte auf dem Weg zum Mund auf den Teller zurückfällt.
    Man liegt eher am Tisch als daß man sitzt, das Kauen mit offenem Mund ist anscheinend normal, Essen mit dem Messer auf die Gabel schieben und diese dann zum Mund führen eine Kunst, die kaum noch jemand beherrscht.
    Und das sehe ich nicht nur bei den einfachen Leuten, ganz im Gegenteil, je höher der gesellschaftliche Status, um so unappetitlicher die Eßmanieren.
    Daß auch während des Essens ständig das Smartphone im Blick und in Gebrauch ist, dazu sage ich nur: Keine Manieren, weder bei Tisch noch sonst im gesellschaftlichen Umgang.

  6. In Frankfurt isst man den “Handkaese mit Musik” mit dem Messer, auch in der Gastronomie. Es wird gar keine Gabel gereicht. Das hat auch schon auf andere Speisen abgefaerbt.
    Wenn ich noch darán denke, man schneidet Kartoffeln nicht mit dem Messer……
    Manches halte ich fuer ueberholt, was im Knicke steht, aber essen sollte man schon so, dass dem Gegenueber nicht der Appetit vergeht und ungezogene Kínder einem unter dem Tisch befummeln und mit klebrigen Pfoten die Klamotten versauen.

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